Leitsatz

1. Die Regelung in Nr. 7 III AGB-Banken; Nr. 7 IV AGB-Sparkassen, wonach eine im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgte Abbuchung als genehmigt gilt, wenn der Schuldner nicht spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses widerspricht, gilt im Fall der Insolvenz des Schuldners auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (Abweichung von der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats, BGH, Urteil v. 25.10.2007, IX ZR 217/06, NJW 2008, 63).

2. Der Schuldner darf der Abbuchung nicht widersprechen, wenn der Gläubiger hierdurch in sittenwidriger Weise geschädigt würde. Dies ist der Fall, wenn der Gläubiger seine Leistung bereits erbracht hat. Dieselbe Verpflichtung trifft den vorläufigen Insolvenzverwalter.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB § 184 Abs. 1, § 308 Nr. 5, BankAGB Nr. 7 Abs. 3, InsO § 142

 

Kommentar

Die hier besprochene Entscheidung ist zum Leasingrecht ergangen. Sie behandelt das Problem, ob ein vorläufiger Insolvenzverwalter der Abbuchung einer Leasingrate widersprechen kann, wenn der Leasingnehmer die Leistung des Leasinggebers bereits erhalten hat. Dasselbe Problem ergibt sich bei der Wohn- und Geschäftsraummiete, wenn die Miete durch Einzugsermächtigung bezahlt wird und über das Vermögen des Mieters nach der Abbuchung das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Zwischen den Parteien besteht ein Leasingvertrag über einen Pkw zu einer monatlichen Leasingrate von 566,08 EUR. Die jeweiligen Leasingraten werden im Einzugsermächtigungsverfahren bezahlt. Die Bank des Leasinggebers hat die Rate für Oktober 2005 am 20.9.2005 eingezogen. Der Leasingnehmer hat das Fahrzeug im Oktober 2005 vertragsgemäß genutzt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 hat das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt. Dieser hat am 11.11.2005 gegenüber der Bank des Leasinggebers der Einziehung widersprochen und Rückzahlung der Oktoberrate verlangt. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen.

1. Beim Einzugsermächtigungsverfahren wird die Forderung aufgrund des Gläubigerauftrags vom Konto des Schuldners abgebucht und dem Konto des Gläubigers gutgeschrieben. Der Schuldner kann der Abbuchung gegenüber seiner Bank widersprechen; in diesem Fall muss die Schuldnerbank die Buchung berichtigen. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken muss der Widerspruch vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses erfolgen; anderenfalls gilt die Buchung als genehmigt (Nr. 7 III AGB-Banken; Nr. 7 IV AGB-Sparkassen).

2. Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats (Insolvenzsenat) erlischt die Forderung des Gläubigers nicht mit deren Gutschrift, sondern erst mit der Genehmigung des Schuldners (sog. Genehmigungstheorie). Dies gilt auch für den Fall der Schuldnerinsolvenz. Soweit der Schuldner die Buchung nicht vor Beantragung des Insolvenzverfahrens bereits genehmigt hat, kann der vorläufige Insolvenzverwalter der Buchung widersprechen. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner die Gegenleistung des Gläubigers bereits erhalten hat. An die Genehmigungsfiktion ist der vorläufige Insolvenzverwalter nicht gebunden. Maßgeblich hierfür ist der Schutz der Insolvenzmasse: diese soll möglichst gleichmäßig unter den Gläubigern verteilt werden. Dies schließt es aus, solche Gläubiger zu bevorzugen, die ihre Forderungen im Lastschriftverfahren einziehen (BGH, Urteil v. 4.11.2004, IX ZR 22/03, NJW 2005, 675; BGH, Urteil v. 25.10.2007, IX ZR 217/06, NJW 2008, 63).

Folgt man der Rechtsauffassung des IX. Zivilsenats, so hätte die Klage auf Rückzahlung des abgebuchten Betrags Erfolg.

3. Nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats (Bankensenat) tritt die Erfüllung mit der vorbehaltlosen Gutschrift auf dem Gläubigerkonto ein (sog. "Erfüllungstheorie"). Der Schuldner darf der Abbuchung nicht widersprechen, wenn der Gläubiger hierdurch in sittenwidriger Weise geschädigt würde. Dies ist der Fall, wenn der Gläubiger seine Leistung bereits erbracht hat. Dieselbe Verpflichtung trifft den vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser ist wie der Schuldner an Nr. 7 III AGB-Banken; Nr. 7 IV AGB-Sparkassen gebunden (BGH, Urteil v. 10.6.2008, XI ZR 283/07, NJW 2008, 3348).

In dem zur Entscheidung stehenden Fall hat der Insolvenzverwalter den Widerspruch nicht gegenüber der Schuldnerbank erklärt. Nach der Rechtsprechung des XI. Senats war der Zahlungsvorgang damit erledigt. Ein Anspruch auf Rückbuchung bestand nicht.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 10.06.2008, XI ZR 283/07, NJW 2008, 3348 m. Anm. Lindner, jurisPR-BGHZivilR 22/2008 Anm. 1

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?