Leitsatz
1. Die Regelung in § 10 Abs. 3 AVBWasserV, wonach die Hausanschlussleitungen für die Versorgung mit Frischwasser vom Wasserversorgungsunternehmen zu unterhalten und instand zu setzen sind, gilt auch für Liegenschaften in der DDR.
2. Eine von § 10 Abs. 3 AVBWasserV abweichende Vereinbarung ist nur wirksam, wenn sie vor dem 3.10.1990 getroffen wurde.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
AVBWasserV § 10 Abs. 3, Abs. 6
Kommentar
Eine im Jahr 1979 errichtete, aus mehreren Gebäuden bestehende Wohnanlage wurde über ein Leitungssystem mit Wasser versorgt. Dieses bestand aus einer Hauptleitung, von der aus Abzweigleitungen zu den in den Anschlussräumen der einzelnen Gebäude befindlichen Wasseruhren führten; vor den Wasseruhren befand sich die jeweilige Hauptabsperrvorrichtung.
2005 wurde eine der Abzweigleitungen schadhaft. Zwischen dem Hauseigentümer und dem Wasserversorgungsunternehmen war streitig, wer für die Reparatur der Abzweigleitung zuständig ist. Nachdem sich die Parteien nicht einigen konnten, hat das Versorgungsunternehmen die Abzweigleitung ausgetauscht und den Hauseigentümer auf Kostenerstattung in Anspruch genommen.
Die Klage des Versorgungsunternehmens hatte keinen Erfolg: Der BGH stellt fest, dass zwischen den Parteien kein Werkvertrag über die Reparatur der Abzweigleitung zustande gekommen ist. Deshalb kam es zunächst darauf an, wer nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.6.1980 (BGBl I, 750) für die Instandhaltung und Instandsetzung der Hausanschlussleitungen zuständig ist. Nach § 10 Abs. 1 AVBWasserV besteht der Hausanschluss "aus der Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage". Er beginnt "an der Abzweigstelle des Verteilungsnetzes und endet mit der Hauptabsperrvorrichtung". Die Leitungen vor der Hauptabsperrvorrichtung gehören – unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an den Rohren – zu den Betriebsanlagen des Versorgungsunternehmens und müssen von diesem unterhalten und gegebenenfalls erneuert werden (§ 10 Abs. 3 AVBWasserV). Die Leitungen hinter der Hauptabsperrvorrichtung zählen nach der AVBWasserV zur sog. "Kundenanlage" mit der Folge, dass Reparaturen an diesem Teil des Versorgungssystems vom Hauseigentümer vorzunehmen sind (§ 12 AVBWasserV).
Nach der eindeutigen Regelung des § 10 Abs. 3 AVBWasserV war die Reparatur der Abzweigleitung demnach Sache des Versorgungsunternehmens. Von den genannten Regelungen können die Parteien nicht abweichen. Jedoch bestimmt § 10 Abs. 6 AVBWasserV, dass abweichende Bestimmungen von § 10 Abs. 3 AVBWasserV "hinsichtlich des Eigentums am Hausanschluss und der daraus folgenden Pflichten zur ... Unterhaltung (und) Erneuerung" wirksam bleiben, wenn sie vor Inkrafttreten der AVBWasserV – also vor dem 1.4.1980 (§ 37 Abs. 1 AVBWasserV) – vereinbart worden sind. Nach Ansicht des BGH ist § 10 Abs. 6 AVBWasserV auf Wohnbauten in der ehemaligen DDR, die vor dem Beitritt errichtet worden sind, nicht unmittelbar anwendbar. Jedoch kommt eine entsprechende Anwendung in Betracht, wenn nach der damaligen (am 3.10.1990 maßgebenden) Rechtslage in der DDR die Unterhaltung und Instandsetzung der Abzweigleitungen Sache des Hauseigentümers gewesen ist. Aus dem Umstand, dass die Leitungen dem Hauseigentümer gehören, kann die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht nicht abgeleitet werden. Zwar oblagen die genannten Pflichten nach § 4 Abs. 4 der Wasserversorgungsbedingungen der DDR dem Hauseigentümer; jedoch sind diese Vorschriften am Tag des Beitritts außer Kraft getreten. Die fraglichen Bestimmungen gelten lediglich dann fort, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Erforderlich ist dabei, dass die Vertragsbestimmung eine klare und eindeutige Regelung hinsichtlich der Instandhaltungslast enthält und dass die Vertragsregelung am 3.10.1990 bereits bestand.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 26.09.2007, VIII ZR 17/07