Leitsatz
Das AG hatte dem Antrag des Kindesvaters stattgegeben, die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Parteien (geboren in den Jahren 2003, 2004 und 2007) unter Anwendung der Vorschriften des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen vom 25.10.1980 zu ihm nach Thailand zurückzuführen. Das Gericht hatte die Herausgabe der Kinder angeordnet und weitere Bestimmungen zur Vollstreckung seines Beschlusses getroffen. Die Kindesmutter wandte sich gegen diese Entscheidung mit der sofortigen Beschwerde und beantragte ferner den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder vorläufig übertragen werden sollte.
Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach die Rückführung der Kinder zu Recht angeordnet worden sei. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Kindesmutter erschütterten die angefochtene Entscheidung nicht.
Ihr Zurückhalten der Kinder in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel des dauerhaften Aufenthalts sei widerrechtlich nach Art. 3 S. 1 lit. a HKiEntÜ. Vorauszusetzen sei die Verletzung eines nach dem Recht des Herkunftsstaates bestehenden Sorgerechts. Sorgerechtsinhaber der Kinder seien deren Eltern gemeinsam.
Versagungsgründe nach Art. 13 S. 1 HKiEntÜ seien nicht dargetan und auch nicht erkennbar. Eine Entscheidung nach dem HKiEntÜ sei keine Sorgeentscheidung. Es sei daher nicht zu fragen, welche Entscheidung zur Aufenthaltsbestimmung dem Kindeswohl am besten gerecht werde. Art. 13 S. 1 HKiEntÜ stehe der Rückführung nur dann entgegen, wenn die Kindesmutter nachweise, dass der Kindesvater das Sorgerecht tatsächlich nicht ausgeübt habe oder die Rückgabe der Kinder mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens verbunden sei oder sie auf andere Art und Weise in eine unzumutbare Lage gebracht würden. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben.
Zwar berufe sich die Kindesmutter darauf, dass der antragstellende Vater sein (Mit-)Sorgerecht nicht ausgeübt habe. Für die Entscheidung über den Rückführungsantrag komme es jedoch weder darauf an, wer bislang als Hauptbezugsperson der Kinder gelte, noch wo sie sich zeitlich überwiegend aufgehalten hätten. Vor der Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland hätten die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Thailand gehabt. Nicht erheblich sei deshalb die Einlassung der Mutter, die drei Kinder hätten sich bereits in der Bundesrepublik Deutschland eingelebt.
Die Kindesmutter könne auch nicht damit gehört werden, bei einer Rückführung der Kinder nach Thailand habe sie bei der dort zu treffenden Sorgerechtsregelung kein rechtsstaatliches Verfahren zu erwarten. Es bestehe kein Anlass für entsprechende Befürchtungen. Die Mutter berufe sich insoweit auf keine eigenen Erfahrungen. Thailand sei Vertragsstaat des HKiEntÜ. Es sei ihr unbenommen, sich in dem zu führenden Sorgerechtsverfahren anwaltlich vertreten zu lassen (vgl. auch OLG Nürnberg, FamRZ 2000, 369; OLG Hamm FamRZ 1999, 948 [949]).
Die Kindesmutter habe sich durch ihr eigenmächtiges Verhalten über die Belange der Kinder hinweggesetzt, die einen Anspruch darauf hätten, dass bei Streit zwischen den Eltern ein thailändisches Gericht im Sorgerechtsverfahren die dem Kindeswohl entsprechenden Entscheidungen treffe. Daher sei die Rückführung erforderlich.
Von einer Anhörung der Kinder habe das FamG zu Recht abgesehen. Eine Anhörung entführter Kinder sei im Verfahren nach HKiEntÜ grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 99, 145 = FamRZ 1999, 85).
Rückführungsentscheidungen nach dem HKiEntÜ seien nach Art. 19 HKiEntÜ nicht als Sorgerechtsentscheidungen anzusehen, weil sie erst die Voraussetzungen dafür schaffen sollten, dass das international zuständige Gericht über das Sorgerecht entscheiden könne.
Die Bestellung eines Verfahrenspflegers sei nicht geboten gewesen. Umstände für die Annahme, dass der zurückgelassene Elternteil die Interessen seiner Kinder aus dem Blick verlieren könnte, seien nicht gegeben. Auch für die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens habe kein Anlass bestanden. Ein solches Gutachten möge im Rahmen des Sorgerechtsstreits einzuholen sein, über welchen allerdings im Ursprungsstaat zu entscheiden sei.
Der Antrag der Kindesmutter auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Aufenthaltsbestimmungsrecht sei bereits deswegen zurückzuweisen, weil es an der Anhängigkeit eines korrespondierenden Verfahrens in der Hauptsache fehle. Die Regelung des Sorgerechts und Regelungen nach dem HKiEntÜ beträfen verschiedene Gegenstände. Im Übrigen sei den deutschen Gerichten eine Sorgeentscheidung verwehrt, solange der Rückführungsantrag anhängig sei (Art. 16 HKiEntÜ).
Hinweis
Ebenfalls zu dem Geschäftszeichen 17 UF 234/08 des OLG Stuttgart erging am 13.1.2009 ein Beschluss, mit dem der Wiederaufnahmeantrag der Mutter als unbegründet zurückgewiesen und deren Hilfsantrag...