Leitsatz
Antragsteller und Antragsgegnerin waren seit dem 6.9.2004 verheiratet. Ihre Ehe war inzwischen geschieden. Sie stritten über die Rückführung ihres am 14.8.2007 geborenen Sohnes nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKiEntÜ).
Sachverhalt
Der Antragsteller war US-amerikanischer Staatsangehöriger, die Antragsgegnerin deutsche Staatsangehörige. Die Eltern lernten sich 2003/2004 in Deutschland kennen. Nur ca. ein halbes Jahr nach ihrer Heirat siedelten sie in die USA über. Der Antragsteller war in Deutschland stationierter Soldat. Bereits vor der Heirat war er als solcher im Irak eingesetzt. Nur wenige Monate nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes wurde er im Februar 2008 erneut in den Irak abkommandiert.
Aus diesem Grunde stellte er der Antragsgegnerin am 17.1.2008 zwei mit "Special Power of Attorney" überschriebene Vollmachten aus. Eine Vollmacht betraf das Sorgerecht, die zweite Vollmacht Rechte und Pflichten der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Kauf, der Vermietung und Veräußerung von Immobilien.
Die Antragsgegnerin war nicht berufstätig und seit dem 11.5.2009 arbeitsunfähig erkrankt. Sie bezog Krankengeld. Vor der Geburt des Sohnes hatte sie bereits zwei Fehlgeburten und war zum Zeitpunkt des Verfahrens erneut schwanger.
Nachdem der Antragsteller im Februar 2008 erneut in den Irak abkommandiert worden war, begab sich die Antragsgegnerin am 16.4.2008 mit dem gemeinsamen Sohn nach Deutschland. Von dort kehrte sie am 16.6.2008 wieder in die USA zurück und traf dort den Antragsteller, der in der Zeit vom 31.7. bis zum 16.8.2008 Urlaub hatte.
Am 14.12.2008 ist die Antragsgegnerin sodann mit dem Kind wieder nach Deutschland geflogen. Bereits zuvor am 10.12.2008 waren alle persönlichen Gegenstände, insbesondere auch die Möbel des Kinderzimmers, nach Deutschland verschifft worden. Nach seiner Rückkehr aus dem Irakeinsatz wurde der Antragsteller zur Zahlung von Kindesunterhalt aufgefordert.
Auf Antrag der Antragsgegnerin vom 17.12.2008 hat das FamG das Ruhen der elterlichen Sorge des Vaters im Hinblick auf seinen Einsatz im Irak beschlossen. Der Antragsteller seinerseits hat in den USA einen Sorgerechtsantrag gestellt. Mit Schreiben vom 17.4.2009 forderte er die Rückgabe des gemeinsamen Kindes.
Mit seinem Rückführungsantrag vom 6.2.2009 - eingegangen beim FamG am 6.5.2009 - hat er sodann geltend gemacht, anlässlich seiner Rückkunft an Weihnachten 2008 festgestellt zu haben, dass sich die Antragsgegnerin mit dem gemeinsamen Kind nicht mehr in den USA aufhalte. Mit der Ausreise sei er nicht einverstanden gewesen, insbesondere umfasse die Vollmacht nicht den Fall, die USA mit dem Kind dauerhaft zu verlassen.
Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten und hat eingewandt, der Antragsteller habe sie und den Sohn schon in den USA nicht ausreichend unterhalten können. Es sei deshalb bereits Anfang 2008 zur Trennung gekommen. Dem Antragsteller sei bekannt gewesen, dass sie nach Deutschland zurückkehre.
Das AG hat die Antragsgegnerin angehört und sodann mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.7.2009 dem Rückführungsantrag stattgegeben. Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde.
Ihr Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Rückführungsantrag sei unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung zurückzuweisen. Nach Vernehmung der Zeugen im Termin stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Antragsteller dem Umzug seines Sohnes in Begleitung der Antragsgegnerin zugestimmt habe, so dass weder das Verbringen noch das Zurückhalten des Kindes widerrechtlich i.S.d. Art. 3 Abs. 1 HKiEntÜ, Art. 13 Abs. 1a HKiEntÜ sei. Außerdem sei für den Fall einer Rückgabeanordnung zu befürchten, dass diese mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden sei.
Das FamG sei zutreffend von der Anwendbarkeit des HKiEntÜ ausgegangen. Danach setze die Rückführung des Kindes einen entsprechenden Antrag gemäß Art. 8 HKiEntÜ voraus. Sofern ein solcher - wie hier - nicht durch den Antragsteller persönlich, sondern durch einen Rechtsanwalt als Vertreter gestellt werde, bedürfe es einer wirksamen Vollmacht. Das Vorliegen einer solchen sei bislang nicht hinreichend nachgewiesen.
Im Übrigen könne entgegen der Annahme des FamG auch weiterhin nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin das Kind widerrechtlich nach Deutschland verbracht habe bzw. dort zurückhalte.
Entgegen der Annahme des FamG sei jedoch die Rückgabe des Kindes gemäß Art. 13 Abs.1a HKiEntÜ abzulehnen, weil der Antragsgegner dem Verbleib des Kindes im Oktober 2008 zugestimmt habe. Dazu habe die vom Senat angehörte Zeugin das Vorbringen der Antragsgegnerin glaubhaft bestätigt. Sie habe erklärt, dass die Antragstellerin den Antragsgegner anlässlich eines Telefonats im Oktober 2008 darüber informiert habe, mit dem Sohn nach Deutschland zurückzukehren. Sie habe ihm in dem Zusammenhang erklärt, welche Möbelstücke sie beabsicht...