Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zum Wohnsitzwechsel des Kindes. Internationale Kindesentführung: Ablehnung eines Rückführungsverlangens wegen einer Sorgerechtsentscheidung im ersuchten Staat. Wirkungen der Erteilung einer Sorgerechtsvollmacht. Konkludente Zustimmung zum Wohnsitzwechsel des Kindes
Leitsatz (redaktionell)
Keine Rückführung eines zweijährigen Kindes in die USA, dessen Mutter nach seiner Geburt nur etwa sechs Monate mit dem Vater zusammenlebte und dann – weil der Vater als Soldat in den Irak abkommandiert wurde – mit dem Kind in ihr Heimatland Deutschland zurückkehrte.
Normenkette
HKiEntÜ Art. 3; HKiEntÜ Art. 8; HKiEntÜ Art. 13; HKiEntÜ Art. 17
Verfahrensgang
AG Zweibrücken (Beschluss vom 23.06.2009; Aktenzeichen 1 F 164/09) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Zweibrücken vom 23.6.2009 aufgehoben und der Antrag auf Herausgabe des am ... geborenen Kindes L. J. H. zum Zwecke der Rückführung in die USA zurückgewiesen.
II. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten der Beteiligten sind nicht zu erstatten.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
IV. Der Antragsgegnerin wird für die Durchführung des Verfahrens Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Ihr wird der das Mandat bereits innehabende Rechtsanwalt S., B., zu den Bedingungen eines im Bezirk des Pfälzischen OLG niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.
V. Der Antrag des Antragstellers, ihm zur Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Antragsteller und Antragsgegnerin waren seit dem 6.9.2004 verheiratet. Ihre Ehe ist mittlerweile durch das AG - Familiengericht - Rockenhausen geschieden. Sie streiten im vorliegenden Verfahren über die Rückführung ihres am 14.8.2007 geborenen Sohnes L. J. nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKiEntÜ).
Die beteiligten Eltern, Antragsteller mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit und Antragsgegnerin als deutsche Staatsangehörige, lernten sich 2003/2004 in Deutschland kennen. Nur ca. ½ Jahr nach ihrer Heirat sind sie sodann in die USA übergesiedelt. Der Antragsteller war in Deutschland stationierter Soldat. Bereits vor der Heirat war er als solcher im I. eingesetzt. Nur wenige Monate nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes wurde er im Februar 2008 erneut in den I. abkommandiert. Aus diesem Grund stellte er der Antragsgegnerin am 17.1.2008 zwei mit "Special Power of Attorney" überschriebene Vollmachten aus. Während eine der Vollmachten das Sorgerecht für L. J. betrifft, beinhaltet die zweite Vollmacht Rechte und Pflichten der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Kauf, der Vermietung und Veräußerung von Immobilien. Zum Inhalt der Vollmachten wird auf Bl. 29 f., 61 f. sowie 125 f. bzw. 186 f. d.A. verwiesen.
Die Antragsgegnerin ist von Beruf B.; sie ist derzeit nicht berufstätig, sondern seit dem 11.5.2009 arbeitsunfähig erkrankt und bezieht Krankengeld. Vor der Geburt von L. J. hatte sie bereits zwei Fehlgeburten. Derzeit ist sie erneut schwanger, voraussichtlicher Geburtstermin ist am ... 2010.
Nachdem der Antragsgegner im Februar 2008 erneut in den I. abkommandiert worden war, begab sich die Antragsgegnerin mit L. am 16.4.2008 nach Deutschland. Am 16.6.2008 kehrte sie mit dem gemeinsamen Sohn wieder in die USA zurück. Dort traf sie mit dem Antragsteller zusammen, der in der Zeit vom 31.7.2008 bis 16.8.2008 Urlaub hatte. Am 14.12.2008 ist die Antragsgegnerin sodann mit dem Kind wieder nach Deutschland geflogen. Bereits zuvor am 10.12.2008 sind alle persönlichen Gegenstände, insbesondere auch die Möbel des Kinderzimmers, nach Deutschland verschifft worden. Nach seiner Rückkehr aus dem I. einsatz wurde der Antragsteller zur Zahlung von Kindesunterhalt aufgefordert. Geldbeträge i.H.v. 700 Dollar flossen Mitte März 2009 und Anfang April/Mai sowie Juni 2009. Insoweit hat der Arbeitgeber des Antragstellers während der bestehenden Ehe Teile des Gehalts einbehalten und als Unterhalt an die Antragsgegnerin weitergeleitet.
Auf Antrag der Antragsgegnerin vom 17.12.2008 hat das AG - Familiengericht - Rockenhausen im Verfahren 3 F 665/08 am 12.2.2009 beschlossen, dass die elterliche Sorge des Vaters für L. J. im Hinblick auf seinen Einsatz im I. ruht. Der Antragsteller seinerseits hat in den USA einen Sorgerechtsantrag gestellt. Mit Schreiben vom 17.4.2009 hat er die Rückgabe des gemeinsamen Kindes gefordert.
Mit seinem Rückführungsantrag vom 6.2.2009, eingegangen beim Familiengericht am 6.5.2009, hat er sodann geltend gemacht, anlässlich seiner Rückkunft an Weihnachten 2008 festgestellt zu haben, dass sich die Antragsgegnerin mit dem gemeinsamen Kind nicht mehr in den USA aufhalte. Mit der Ausreise sei er nicht einverstanden gewesen, insbesondere umfasse die Vollmacht nicht den Fall, die USA dauerhaft zu verlassen.
Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten und hat eingewandt, der Antragstell...