Leitsatz

Die Beteiligten waren die nicht miteinander verheirateten Eltern eines im Jahre 2005 geborenen Kindes. Der Vater begehrte von der Mutter die Rückführung des Kindes nach Australien auf der Grundlage des HKiEntÜ.

 

Sachverhalt

Die Eltern hatten sich im Jahre 2003 kennen gelernt. Die Antragsgegnerin lebte ab dem Jahr 2004 bis zu ihrer Ausreise im Juni 2008 zeitweise in Australien und zeitweise in Deutschland. Nach der Trennung der Eltern im Herbst 2007 zog die Antragsgegnerin mit dem gemeinsamen Kind in Australien in ein Frauenhaus. Der Antragsteller gelangte in den Besitz der Pässe des Kindes und der Antragsgegnerin und hinterlegte diese bei Gericht. Er leitete in Australien ein Sorgerechtsverfahren ein, das noch nicht abgeschlossen war. Die Antragsgegnerin hat dort beantragt, dass das gemeinsame Kind bei ihr leben solle und sie mit ihm umziehen könne, während der Antragsteller eine Umgangsregelung erhalten sollte.

Der Antragsteller hat beantragt, dass das Kind jeweils abwechselnd bei ihm und bei der Antragsgegnerin leben und die elterliche Verantwortung gleichmäßig auf beide Elternteile aufgeteilt werden solle.

Am 8.5.2008 ist durch das Gericht "bei gegenseitiger Zustimmung verordnet" worden, dass die Eltern die elterliche Obhut für das Kind auf gleiche Weise teilen und der Antragsgegnerin erlaubt wird, mit dem Kind nach Deutschland zu reisen und sie Deutschland nicht später als am 15.10.2010 verlassen sollte.

Am 15.6.2008 reiste die Antragsgegnerin mit dem Kind nach Deutschland, wo sie seit dem 1.2.2009 bei ihren Eltern lebte.

Der Antragsteller hat die Herausgabe des Kindes an ihn zum Zwecke der sofortigen Rückführung nach Australien beantragt und vorgetragen, die Antragsgegnerin halte das Kind widerrechtlich in Deutschland zurück und verletze dadurch sein Mitsorgerecht.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten.

Das AG hat im Termin vom 15.9.2009 die Eltern und die Verfahrenspflegerin angehört. Die Mutter erklärte, sie habe bei ihrer Abreise aus Australien gewusst, dass sie nach der australischen Entscheidung bis Mitte Oktober wieder nach Australien zurückkehren sollte. Allerdings habe sie keine wirtschaftliche Basis und keine Wohnung in Australien gehabt. Sie habe sich deswegen in einer Zwickmühle zwischen ihrer rechtlichen Verpflichtung und den tatsächlichen Möglichkeiten befunden.

Die Verfahrenspflegerin hat berichtet, sie habe die Tochter in Deutschland kennen gelernt und gesehen, dass sie sich hier zu Hause fühle. Sie sei der englischen Sprache nicht mächtig. Sie erinnere sich auch nicht mehr viel an Australien. Durchgängig sage sie, dass sie Angst vor dem Vater habe. Die Rückführung nach Australien würde für das Kind eine sehr schwierige Situation darstellen. Vor ihrem Schulbeginn sollten ihr Umbrüche erspart bleiben. Eine erzwungene Rückführung nach Australien würde das Verhältnis zum Vater belasten, selbst wenn sie nicht in den Haushalt des Vaters zurückkehren würde. Die Rückführung des Kindes ohne Mutter würde sie - die Verfahrenspflegerin - als das Kindeswohl gefährdend ansehen.

Das AG hat mit Beschluss vom 21.9.2009 die Mutter verpflichtet, das Kind unverzüglich nach Australien zurückzuführen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Tochter habe im Sommer 2008 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Australien gehabt. Dort habe ihr Vater gelebt, mit dem sie während der Aufenthalte in Australien auch in häuslicher Gemeinschaft gelebt und nach der Trennung der Eltern regelmäßig Umgang gehabt habe.

Nach australischem Recht habe das Sorgerecht für die Tochter beiden Eltern zugestanden. Dies ergebe sich zum einen aus dem Family Law Act 1975 und zum anderen aus dem Beschluss des australischen Gerichts vom 8.5.2008. Das Mitsorgerecht des Vaters habe die Mutter dadurch verletzt, dass sie die Tochter im Oktober 2008 in Deutschland zurückgehalten habe.

Konkrete Umstände, die der Rückgabe entgegenstünden, habe auch die Verfahrenspflegerin nicht aufgezeigt.

Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde.

Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach das Kind auf den zulässigen Rückführungsantrag des Antragstellers nach Australien zurückzuführen sei.

Die Voraussetzungen einer Rückführungsanordnung richteten sich nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKiEntÜ).

Das AG habe zutreffend angenommen, dass das HKiEntÜ vorliegend anwendbar sei und die Voraussetzungen einer Rückführungsanordnung gemäß Art. 12. i.V.m. Art. 13 HKiEntÜ zu bejahen seien. Die Antragsgegnerin halte das Kind seit Mitte Oktober 2008 widerrechtlich zurück, nachdem sie Deutschland nicht spätestens am 15.10.2008 wieder verlassen hatte und nicht nach Australien zurückgekehrt war. Sie verletze dadurch das Mitsorgerecht des Antragstellers. Unter Berücksichtung des Schutzzwecks des HKiEntÜ habe die Rückführung daher in Abweichung zur Entscheidung des AG in den Herkunftsstaat Australien, in dem das K...

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