Rz. 204
Verstirbt der Erblasser mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt in Irland, besteht keine allgemeine Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 4 EuErbVO.
Rz. 205
Wenn der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war, kann auch über Art. 7 EuErbVO keine Zuständigkeit deutscher Gerichte begründet werden. In diesem Fall wäre zwar eine Rechtswahl des Erblassers nach Art. 22 Abs. 1 EuErbVO zugunsten seines deutschen Heimatrechts möglich und nach Art. 5 EuErbVO auch eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der deutschen Gerichte. Da Irland jedoch kein Mitgliedstaat der Verordnung ist, können sich dessen Gerichte nicht nach Art. 6 EuErbVO für unzuständig erklären, so dass die Prorogationsmöglichkeit ins Leere läuft (Art. 7 lit. a EuErbVO).
Rz. 206
Allerdings kann eine subsidiäre Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 10 Abs. 1 EuErbVO bestehen. Art. 10 EuErbVO greift ein, wenn sich Nachlassvermögen im angerufenen Mitgliedstaat befindet und der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat wie Irland hatte. Dann besteht nach Art. 10 Abs. 1 lit. a EuErbVO eine Zuständigkeit der Gerichte des Heimatstaates oder nach Art. 10 Abs. 1 lit. b EuErbVO der Gerichte des Staates des vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthalts, sofern dieser nicht länger als fünf Jahre zurückliegt. Diese subsidiären Zuständigkeiten beziehen sich auf den gesamten Nachlass. War der zuletzt in Irland lebende Erblasser also deutscher Staatsangehöriger oder hat in den letzten fünf Jahren vor seinem Tod in Deutschland gelebt, wären deutsche Gerichte international zuständig. Diese könnten wiederum nach Art. 12 EuErbVO davon absehen, über das in Irland belegene Vermögen zu entscheiden.
Rz. 207
Für Fälle, in denen die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 1 EuErbVO nicht vorliegen, sieht Art. 10 Abs. 2 EuErbVO eine gegenständlich beschränkte subsidiäre Zuständigkeit für Nachlassvermögen in einem Mitgliedstaat vor. War der Erblasser also irischer (bzw. jedenfalls nicht deutscher) Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Irland und hat er auch nicht in den letzten fünf Jahren vor seinem Tod in Deutschland gelebt, so sind die deutschen Gerichte nach Art. 10 Abs. 2 EuErbVO dennoch für das in Deutschland belegene Nachlassvermögen zuständig. Es kommt in diesem Fall also auch aus deutscher Sicht zu einer zuständigkeitsrechtlichen Nachlassspaltung, die aus irischer Sicht ohnehin eintritt.
Rz. 208
Auch bei einem mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Irland verstorbenen Erblasser mit Nachlassvermögen (auch) in Deutschland sind somit zwei Nachlassverfahren durchzuführen. Denn aus irischer Sicht können die deutschen Gerichte nicht über den dort befindlichen Nachlass entscheiden (vgl. Rdn 199). Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich hier – je nach Staatsangehörigkeit bzw. früherem gewöhnlichen Aufenthalt – aus Art. 10 Abs. 1 oder 2 EuErbVO.