Rz. 114
Der überlebende Ehegatte hat einen nicht ausschließbaren Anspruch auf Beteiligung am Nachlass, sog. legal right (Sec. 111 ISA). Einen ebensolchen Anspruch hat der überlebende eingetragene Lebenspartner gemäß Sec. 111A ISA. Der Anspruch beträgt jeweils ein Drittel des Nachlasswertes, wenn der Erblasser Kinder hinterlässt; anderenfalls steht dem Berechtigten ein Anspruch in Höhe der Hälfte des Nachlasswertes zu. Der Wert bezieht sich auf das nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten verbleibende Aktivvermögen des Erblassers (Sec. 109 (2) ISA). Etwaige Vermächtnisse zugunsten des überlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners sind anzurechnen, sofern der Erblasser nicht angeordnet hat, dass sie diesem zusätzlich zu dessen legal right zustehen sollen.
Rz. 115
Das legal right ist als schuldrechtlicher Anspruch ausgestaltet. Ein unmittelbar dinglich wirkender Vermögensübergang ist im irischen Erbrecht ohnehin nicht bekannt. Der Anspruch entsteht mit dem Tod des erstversterbenden Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners. So hat der irische Supreme Court in Re Cummins: O’Dwyer v. Keegan entschieden, dass die schwerkranke, komatöse Ehefrau, die ihren Ehemann um nur zwölf Stunden überlebt hatte, den Anspruch erworben hatte.
Rz. 116
Der Anspruch richtet sich grundsätzlich auf eine entsprechende Summe in Geld. Der überlebende Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner hat aber auch im Rahmen seines legal right Anspruch auf Übertragung der gemeinsamen Wohnung und des Hausrats (right of appropiation, siehe Rdn 46). Das legal right hat im Rahmen der Nachlassabwicklung Vorrang vor allen anderen testamentarischen Zuwendungen oder Ansprüchen aufgrund gesetzlicher Erbfolge (Sec. 112 ISA).
Rz. 117
Wenn der Erblasser über sein gesamtes Vermögen letztwillig verfügt hat und auch eine testamentarische Zuwendung zugunsten des überlebenden Ehegatten oder des eingetragenen Lebenspartners erfolgt ist, hat dieser gemäß Sec. 115 (1) ISA ein Wahlrecht. Er kann wählen zwischen dem, was ihm testamentarisch zugewandt worden ist, und dem legal right. Entscheidet er sich gegen die Zuwendung, wird diese gegenstandslos. Falls es diesbezüglich – etwa mangels Anordnung einer residuary legacy – zur gesetzlichen Erbfolge kommt, darf der Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner in diesem Rahmen nach wohl h.M. wiederum keine Ansprüche geltend machen. Ist dagegen von vornherein teilweise gesetzliche Erbfolge eingetreten, da ein Testament nur in Bezug auf einen Teil des Nachlasses errichtet worden ist, hat der überlebende Ehegatte gemäß Sec. 115 (2) ISA die Wahl zwischen dem legal right und dem, was ihm insoweit im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge zusteht in Verbindung mit etwaigen testamentarischen Zuwendungen zu seinen Gunsten. Übt der überlebende Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner sein Wahlrecht nicht aus, so wird die Wahl der testamentarischen Zuwendung bzw. der Rechte nach der gesetzlichen Erbfolge und nicht die des legal right unterstellt. Entscheidet sich der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner für das legal right, so kann er darüber hinaus geltend machen, dass er ein etwaiges Vermächtnis, das wertmäßig den legal right-Anspruch nicht erreicht, in teilweiser Erfüllung seines legal-right-Anspruchs erhält.
Rz. 118
Wenn dem überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner testamentarisch ein Vermächtnis ausdrücklich zusätzlich zu seinem legal right zugewandt wird, ist das Testament so auszulegen, dass ihm ein Wertvermächtnis in Höhe des legal right vermacht wurde und kumulativ der Inhalt des Vermächtnisses (Sec. 114 (1) ISA). Wird dagegen eine solche Bestimmung nicht getroffen, ist der Inhalt des Vermächtnisses auf das legal right anzurechnen. Im ersten Fall hat der begünstigte Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner die Wahl zwischen dem Vermächtnis, das das legal right umfasst, und dem bloßen legal right.
Rz. 119
Der personal representative ist verpflichtet, den überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner schriftlich auf sein Wahlrecht hinzuweisen. Mit dieser Mittelung beginnt eine sechsmonatige Entscheidungsfrist zu laufen, die jedoch ggf. erst ein Jahr nach Bestellung des personal representative endet, wenn dies der spätere Zeitpunkt sein sollte. Ist der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner geisteskrank, kann das Wahlrecht durch seinen Vormund ausgeübt werden, wobei dieser eine gerichtliche Genehmigung benötigt. Ist kein Vormund vorhanden, wird die Wahl durch den High Court oder den Circuit Court getroffen.
Rz. 120
Lebzeitige Zuwendungen des Erblassers an den überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner muss sich dieser auf sein legal right anrechnen lassen (Sec. 116 ISA). Unterhaltsansprüche gelten nicht als Zuwendungen. Der anzurechnende Wert bemisst sich nach dem Wert zum Zeitpunkt der Zuwendung. Erreicht die Zuwendung dem Werte nach die Höhe des legal right, entfällt dieses. Anders als bei Zuwendungen an Kinder, we...