Rz. 213

Die EuErbVO regelt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen in Art. 23 Abs. 1 EuErbVO umfassend. Dem Erbstatut unterliegen auch der Erbgang, also der Übergang des Nachlasses auf die Erben (Art. 23 Abs. 2 lit. e EuErbVO) und die Rechte der Erben, Testamentsvollstrecker und anderer Nachlassverwalter (Art. 23 Abs. 2 lit. f EuErbVO). Somit differenziert die EuErbVO insbesondere nicht zwischen succession und administration, wie dies im irischen Recht vorgesehen ist.

 

Rz. 214

Ist im (deutschen) Erbscheinsverfahren irisches Recht anzuwenden, führt dies aufgrund der von den deutschen Vorstellungen stark abweichenden Konstruktion des Erbgangs zu Schwierigkeiten. Diese Fälle dürften künftig aufgrund der nun möglichen Rechtswahl zum irischen Heimatrecht, die aus deutscher Sicht auch in Deutschland belegenes Immobiliarvermögen umfasst, häufiger auftreten. Der Erwerb erfolgt im irischen Recht nicht unmittelbar durch den Erben, sondern durch Vermittlung eines "Zwischenberechtigten", dem personal representative. Hier stellt sich die Frage, wie dieser nach dem irischen Erbrecht vorgesehene Übergang der Nachlassgegenstände in Deutschland erfolgen kann.

 

Rz. 215

Insbesondere ist fraglich, wer bei irischem Erbstatut als Erbe im zu beantragenden bzw. zu erteilenden (Fremdrechts-)Erbschein auszuweisen ist. Im irischen Recht wird der personal representative (treuhändischer) Inhaber des Nachlasses, nicht aber die durch Testament oder gesetzliche Erbfolge Begünstigten. Letztere haben nur einen Anspruch auf Auskehrung gegen den personal representative. Allerdings ist die Rechtsstellung des personal representative der Funktion nach auf die Verwaltung und Abwicklung des Nachlasses beschränkt. Letztlich wird er – jedenfalls nicht in seiner Funktion als personal representative – nicht durch den Nachlass begünstigt und ist nur Zwischenperson. Faktisch wird freilich vielfach der Hauptbegünstigte vom Erblasser als executor ernannt, und auch im Falle der gerichtlichen Bestellung eines administrators wird nach der gesetzlichen Reihenfolge vorrangig der universal bzw. residuary legatee und damit der Hauptbegünstigte zum administrator bestellt.

 

Rz. 216

Früher wurde einheitlich vertreten, dass der personal representative – trotz Gesamtrechtsnachfolge – im Erbschein nicht als Erbe zu bezeichnen ist, wobei teilweise seine Ausweisung als Testamentsvollstrecker empfohlen wurde.[276] Zum Teil wird heute vertreten, den personal representative im Erbschein unmittelbar als Erben auszuweisen.[277] Jedenfalls das vollständige Übergehen des personal representative widerspricht nun der EuErbVO, deren Art. 23 Abs. 2 lit e) zufolge der gesamte Erbgang dem Erbstatut unterliegt. Denn das irische Recht sieht im Rahmen des Erbgangs den Zwischenerwerb durch den personal representative vor, so dass seine Einschaltung als Zwischenperson auch in einem inländischen Erbscheinsverfahren nicht negiert werden darf.[278] Für die Ausweisung des personal representative als Erben spricht zwar, dass das irische Recht dem personal representative auch eine umfassende power of sale gewährt mit dem Ziel, dass dieser aufgrund seines Amtes nach außen uneingeschränkt über die Nachlassgegenstände verfügen darf. Diese uneingeschränkte Verfügungsbefugnis würde durch die Ausweisung als Erbe im Erbschein gewährleistet werden, aber ebenso bei einer Ausweisung als Testamentsvollstrecker bzw. personal representative. Allerdingsvermeidet diese Auffassung zahlreiche Folgeprobleme bei der Bestimmung der alternativ im Erbschein auszuweisenden Person(en) (siehe dazu Rdn 219). Dem deutschen Recht ist die Ausweisung einer Person, die nicht Letztbegünstigte ist, als Erbe auch nicht per se fremd, wie etwa die Vor- und Nacherbfolge zeigt. Jedoch ergibt sich aus diesem Vergleich, dass in einem solchen Fall die Beschränkung im Erbschein zu erwähnen ist,[279] was bei einer bloßen Ausweisung des personal representative als Erbe unterbliebe. Die unmittelbare Ausweisung des personal representative als Erbe widerspricht jedoch wohl auch der EuErbVO. Denn zur vollständigen Anerkennung des Erbgangs im Sinne des irischen Erbstatuts gehört auch die Bestellung des personal representative im Rahmen des Nachlassverfahrens als Teil des von diesem vorgesehenen mittelbaren Erwerbs.[280]

 

Rz. 217

Problematisch ist aber darüber hinaus, dass – bei Ausweisung des personal representative als Erbe – dieser sich aufgrund des Erbscheins als Alleinerbe im Grundbuch eintragen lassen könnte mit der Folge, dass die entsprechenden Nachlassgegenstände seinen persönlichen Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung stünden. Letzteres widerspricht aber jedenfalls der irischen Vorstellung.[281] Nach dieser handelt es sich bei dem noch nicht verteilten Nachlass um eine eigene Vermögensmasse, die der personal representative treuhänderisch für die letztlich Begünstigten hält (Sec. 10 (3) ISA). Da es sich insoweit um einen gesetzlichen trust handelt, ist dieses trust-Vermögen vom persönlichen Vermögen des personal representative getrennt...

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