Leitsatz

Eine Belehrung nach § 12 Abs. 3 VVG, die den Hinweis auf "Leistungsfreiheit aufgrund eingetretener Verjährung" enthält, ist geeignet, den Versicherungsnehmer irrezuführen; sie ist deshalb unwirksam.

 

Normenkette

§ 12 Abs. 3 VVG

 

Sachverhalt

Die Kl. nahm die Bekl. aus einer Elektronik-Pauschalversicherung in Anspruch, die neben einer Sachversicherung eine Daten-/Datenträgerversicherung und eine Betriebsunterbrechungsversicherung umfasst.

Am 02.02.1996 kam es zu einem Brand in den Geschäftsräumen der Kl. Diese meldete der Bekl. mit Schadenanzeige vom 06.02.1996 einen Totalschaden an den versicherten Geräten. Mit Schreiben vom 10.04.1996 lehnt die Bekl. Versicherungsleistungen ab und forderte einen bereits gezahlten Vorschuss zurück, weil die Kl. nach Eintritt des Versicherungsfalls an den Geräten manipuliert und sie als Versicherer über den Umfang des eingetretenen Schadens getäuscht habe. Das Schreiben endete:

"Wir machen darauf aufmerksam, dass ein Anspruch auf Entschädigung innerhalb einer Frist von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht werden muss, andernfalls tritt nach Ablauf der Frist Leistungsfreiheit aufgrund eingetretener Verjährung ein. Im Einzelnen verweisen wir hierzu auf § 12 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes."

Noch im April 1996 machte die Kl. die Kosten für die Neuanschaffung der zerstörten Geräte gerichtlich geltend. Der Rechtsstreit endete im Juni 1997 durch Vergleich. Im Dezember 1997 reichte die Kl. Klage auf Ersatz ihres Schadens aus dem Verlust von Daten und auf Feststellung ein, dass die Bekl. ihr Versicherungsschutz für die durch den Vorfall vom 02.02.1996 bedingte Betriebsunterbrechung zu gewähren hat.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. ist ohne Erfolg geblieben. Ihre Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

 

Entscheidung

Der BGH führte aus:

I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts (BG) umfasse das Versicherungsschutz ablehnende Schreiben der Bekl. vom 10.04.1996 schon seinem Wortlaut nach sämtliche Ansprüche aus der Elektronik-Pauschalversicherung. Diese Ansprüche habe die Kl. zuvor umfassend erhoben; ihre Schadensanzeige vom 06.02.1996 sei nicht auf Ansprüche aus der Sachversicherung beschränkt. Die streitgegenständlichen Ansprüche habe die Kl. erstmalig mit der Klageschrift vom 11.12.1997 geltend gemacht, als die im Schreiben vom 10.04.1996 gesetzte Frist von sechs Monaten bereits verstrichen gewesen sei. Der Vorprozess habe zu keiner Fristunterbrechung geführt. Denn jene Klage, die nicht als Teilklage gekennzeichnet gewesen sei, habe allein die Ansprüche aus der Sachversicherung zum Gegenstand gehabt, was die Kl. in ihrem dortigen Schriftsatz vom 12.08.1996 selbst eingeräumt habe. Eine Erweiterung der Klage sei erst im Schriftsatz vom 17.02.1997 in der Form erfolgt, dass der Feststellungsantrag sich auf den Schaden insgesamt habe beziehen sollen. Das sei wiederum außerhalb der Frist des § 12 Abs. 3 VVG geschehen.

II. Diese Ansicht des BG hält nach der Entscheidung des BGH der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Der Revision sei allerdings nicht darin zu folgen, dass die Kl. mit ihrer Schadensanzeige vom 06.02.1996 nur die Ansprüche erhoben habe, die aus dem an den versicherten Geräten entstandenen Sachschaden resultierten. Vielmehr sei das BG zutreffend von einer umfassenden Anspruchserhebung ausgegangen. Dafür reiche es, dass der VN sein Verlangen nach Versicherungsschutz dem Grunde nach äußert, ohne dass er die Ansprüche im Einzelnen schon genau bezeichnen oder beziffern müsste. Ein VN, der Ersatzansprüche wegen eines Versicherungsfalls geltend mache, wolle sich regelmäßig nicht auf einzelne Ansprüche beschränken. Das gelte hier vor allem deshalb, weil aufgrund des brandbedingten Totalschadens an der Computeranlage alle durch die einheitliche Elektronik-Pauschalversicherung abgedeckten Risiken betroffen waren. Die Annahme einer Beschränkung würde nur dann gerechtfertigt sein, wenn sich ein entsprechender Wille eindeutig dem Inhalt der Schadensanzeige entnehmen ließe. Einen solchen Beschränkungswillen habe das BG verneint; die tatrichterliche Interpretation der Schadensanzeige ließe Rechtsfehler nicht erkennen.

Seien mithin die Ansprüche aus der Elektronik-Pauschalversicherung sämtlich erhoben gewesen, habe die Bekl. diese in ihrem Schreiben vom 10.04.1996 auch insgesamt zurückweisen können.

2. Dennoch sei durch das Schreiben der Bekl. die Frist des § 12 Abs. 3 Satz 1 VVG nicht in Lauf gesetzt worden. Schon deshalb gehe die Auffassung des BG fehl, die Kl. habe Ansprüche aus der Daten- und Betriebsunterbrechungsversicherung nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht.

Die Frist zur Klageerhebung beginne gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG erst, nachdem der Versicherer dem VN den erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolgen schriftlich abgelehnt habe. An die Rechtsfolgenbelehrung seien strenge Anforderungen zu stellen, denen das Schreiben der Bekl. nicht genüge. Die Belehrung müsse den VN klar un...

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