Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
Rz. 139
Weitere Pflichtteilsrechte oder Noterbrechte kennt das italienische System zunächst in Form von Sondererbfolgen, die den Grundsatz der Nachlasseinheit durchbrechen. Darunter zählen u.a. die Wohnrechte und Nutzungsrechte mit dinglicher Wirkung zugunsten des Ehegatten.
Rz. 140
Weitere Sondererbfolgen – wie z.B.
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die Nachfolge naher Angehöriger in den Mietvertrag über die Familienwohnung (Art. 6 G. Nr. 392/1978: Ehegatte, Erben, Verwandte und Verschwägerte, falls mit dem Verstorbenen zusammenlebend; Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft), |
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die Pachtverträge mit einem Coltivatore diretto (G. Nr. 203/1982), |
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Entschädigungen (z.B. für versäumte Kündigungsfrist (Art. 2118 c.c.) und |
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Abfindungen (Abfindungen zum Vertragsende aufgrund der geleisteten Dienstjahre (Art. 2122 c.c.; Ehegatte, Kinder und unterhaltsbegünstigte – a carico – Verwandte bis zum dritten Grad und Verschwägerte bis zum zweiten Grad) – |
unterliegen besonderen gesetzlichen Kriterien zur Ermittlung des Erbberechtigten (also anderen als die der allgemeinen Erbfolge) und können daher nur bedingt als Rechte zugunsten von Pflichtteilsberechtigten oder als Begünstigungen einiger Erben angesehen werden.
Rz. 141
Dem überlebenden Ehegatten (auch wenn er Miterbe ist) stehen unabhängig vom Güterrecht und seiner Bedürftigkeit das Wohnrecht an der Ehewohnung und die Nutzung des Hausrats zu. Die Rechte richten sich sowohl gegen die Erben als auch gegen die zu Lebzeiten Beschenkten. Da dies in Art. 540 c.c. geregelt ist (riserva del coniuge), werden sie dem Pflichtteilsrecht zugeordnet. Diese Rechte können dem Ehegatten nicht entzogen werden, auch nicht, wenn sein Anspruch durch andere Zuwendungen kompensiert wird; sie sind somit Gegenstand eines qualitativ unantastbaren Vorbehalts. Sie bestehen nach ganz h.M. auch dann, wenn der überlebende Ehegatte gesetzlicher Erbe wird. Nach dem Kassationshof handelt es sich um Vorausvermächtnisse, die dem Nachlass vorab zu entnehmen sind und sich bei der Nachlassauseinandersetzung nicht auf die gesetzliche Erbquote des überlebenden Ehegatten auswirken.
Rz. 142
Dieselben Rechte stehen auch dem gleichgeschlechtlichen eingetragenen Partner, nicht aber dem Lebenspartner zu. Dieser hat nur einen befristeten Anspruch darauf, weiter in der gemeinsam genutzten Wohnung, deren Eigentümer der Verstorbene war, zu leben. Unklar ist, ob es sich dabei um ein bloßes Nutzungsrecht oder um ein dingliches Recht handelt. Letzteres wird angenommen aufgrund der Drittwirkung und der Eintragungsmöglichkeit in das Immobilienregister. Der Anspruch besteht je nach Dauer der Partnerschaft für mindestens zwei (drei bei vorhandenen Kindern) bis zu längstens fünf Jahre. Er endet grundsätzlich mit Eingehen einer Ehe, unione civile oder neuen convivenza.