Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
Rz. 26
Daneben bestand die Rechtswahlmöglichkeit nach Art. 46 Abs. 2 it. IPRG, die den Vorteil hatte, die Nachlassspaltung zu vermeiden.
Rz. 27
Nach Art. 46 Abs. 2 it. IPRG konnte der Erblasser für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates – maßgebend ist dessen Inhalt zum Todeszeitpunkt – wählen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt (residenza, Art. 43 Abs. 2, 44 Abs. 1 c.c.) hat, sofern er diesen auch noch bei seinem Tod dort innehatte, gleichgültig, ob das gewählte Recht eine Rechtswahl erlaubt. Die Rechtswahl umfasste dabei zwingend den gesamten Nachlass; eine Rück- oder Weiterverweisung durch das gewählte Recht war nach Art. 13 Abs. 2a it. IPRG ausgeschlossen. Die Rechtswahl war für den in Italien ansässigen Ausländer genauso wie für den im Ausland lebenden italienischen Staatsangehörigen eröffnet. Das deutsche Recht nahm die Rechtswahl eines italienischen Staatsangehörigen als Rückverweisung nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB an, da Art. 25 Abs. 1 EGBGB a.F. eine Gesamtverweisung einschließlich des IPR vorsah.
Rz. 28
Vorteil der Rechtswahl eines italienischen Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland war, dass das deutsche Recht einen größeren Spielraum für die Gestaltung von Verfügungen von Todes wegen gewährte und u.U. Abgrenzungs- und Koordinationsprobleme zwischen Erbstatut und deutschem Güterrechts- bzw. Sachstatut sowie (im Rahmen der Nachlassabwicklung bei einem in Deutschland verstorbenen Italiener) zwischen dem italienischen Erbstatut und dem deutschen Verfahrensrecht vermieden werden konnten. Ein Italiener konnte also durch eine gegenständlich beschränkte Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. oder durch eine unbeschränkte Rechtswahl nach Art. 46 Abs. 2 it. IPRG zugunsten des deutschen Rechts die vom italienischen Recht gezogenen Gestaltungsgrenzen überwinden. Bei der Rechtswahl nach früherem Recht ist aber zu bedenken, dass, wenn der Erblasser nach der Rechtswahl und vor seinem Tod seinen Wohnsitz (anderer Staat) wechselt, die Rechtswahl und die aufgrund dessen getroffener Verfügungen zumindest aus italienischer Sicht unwirksam sind.
Rz. 29
Für die Fähigkeit zur Rechtswahl knüpfte das italienische Recht – anders als das deutsche Recht – nicht an das Erbstatut, sondern an Art. 47 bzw. Art. 23 it. IPRG an. Die Rechtswahl musste nach Art. 46 Abs. 2 it. IPRG in testamentarischer Form erfolgen. Strittig war, ob abweichend vom Wortlaut auf der Grundlage der Anwendung von Art. 48 it. IPRG eine Rechtswahl auch in einem Erbvertrag oder einem gemeinschaftlichen Testament erfolgen konnte. Die Rechtswahl sollte ausdrücklich getroffen werden, da strittig war, ob die Rechtswahl nach Art. 46 Abs. 2 it. IPRG auch konkludent möglich ist. Die Rechtswahl kann jederzeit in der Form des Art. 46 Abs. 2 it. IPRG widerrufen werden. Sie ist selbstständig möglich, so dass ihre Wirkung nicht von der Wirksamkeit der sachenrechtlich getroffenen Verfügung von Todes wegen abhängt; ist jene also unwirksam, verweist sie auf die gesetzliche Erbfolge nach dem gewählten Recht.
Rz. 30
Nach Art. 46 Abs. 3 it. IPRG konnten die Miterben unabhängig vom zunächst geltenden Erbstatut für die Auseinandersetzung das Recht des Ortes des Anfalls der Erbschaft oder das Recht des Belegenheitsortes mindestens eines Nachlassgegenstandes wählen. Wo die Erbschaft angefallen ist, richtete sich nach der lex fori; aus italienischer Sicht ist dies der letzte Wohnsitz des Erblassers (Art. 456 c.c.). Die Rechtswahl hatte durch alle Miterben mittels vertraglicher Vereinbarung zu erfolgen und umfasste den gesamten Nachlass. Sie greift nur ein, wenn auch das gewählte Recht ebenso wie das italienische Erbrecht einen unmittelbaren Rechtserwerb der Erben vorsieht.
Rz. 31
Eine gesonderte Rechtswahl für die Erbauseinandersetzung – wie sie in Art. 46 Abs. 3 it. IPRG geregelt ist – ist nunmehr im Geltungsbereich der EuErbVO zu verneinen, da diese gesonderte Rechtswahl gegen Art. 22 EuErbVO verstößt.