Rz. 169
Mit der Reform 2004 wurde für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten erstmalig in umfangreicher Weise ein Streitbeilegungs- und schiedsrichterliches Verfahren eingeführt, welches zu schnelleren Entscheidungen im Vergleich mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit führen soll. Dieses schiedsrichterliche Verfahren (procedimento arbitrale), das neben das schiedsrichterliche Verfahren gem. Art. 806 f. c.p.c. (codice di procedura civile – Zivilprozessordnung) tritt, kann in der Gründungsurkunde vorgesehen werden; dabei sind wesentlichen Angaben festzulegen, z.B. Anzahl und Art der Bestellung der Schiedsrichter. Anders als in Art. 810 c.p.c, welcher die Bestellung von Schiedsrichtern den Parteien überlassen kann, erfolgt die Bestellung nach dem neuen Verfahren stets durch Personen oder Institutionen außerhalb der Gesellschaft. Wenn die Gründungsurkunde diese Personen oder Institutionen nicht festlegt, erfolgt die Bestellung der Schiedsrichter durch den Präsidenten des Landgerichts am Sitz der Gesellschaft.
Rz. 170
Die Schiedsklausel ist für alle Gesellschafter bindend, auch für solche, bei denen die Frage des Gesellschafterstatus gerade Gegenstand des Streits ist. Die Entscheidung über die Einfügung oder Streichung der Schiedsklausel bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Gesellschafter. Die Gesellschafter, die dagegen gestimmt haben oder abwesend waren, haben ein Austrittsrecht. Wenn die Anwesenheit des Staatsanwalts nicht vorgeschrieben ist, kann sich die Schiedsgerichtsbarkeit auf einige oder alle Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern oder zwischen ihnen und der Gesellschaft erstrecken sowie auf Streitigkeiten mit Geschäftsführern, Liquidatoren und Rechnungsprüfer. Für diese wird die Schiedsklausel bindend, sobald sie ihr Amt annehmen. Ferner kann so die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen überprüft werden (Art. 36).
Rz. 171
Die Schiedsklage ist beim Handelsregister einzureichen, so dass alle interessierten Kreise, z.B. andere Gesellschafter aber auch Dritte, hiervon Kenntnis nehmen und dem Verfahren ggf. beitreten können. Die Teilnahme anderer Gesellschafter kann gem. Art. 106, 107 c.p.c. erzwungen werden.
Rz. 172
Im Gegensatz zu Art. 822 c.p.c., welcher den Parteien ermöglicht, die Schiedsrichter zu ermächtigen, nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen, sondern nur nach billigem Ermessen zu entscheiden, ist beim gesellschaftsrechtlichen schiedsrichterlichen Verfahren vorgesehen, dass nach geltendem Recht zu entscheiden ist und der Schiedsspruch überprüfbar sein muss, auch bei anderslautender Schiedsklausel, wenn die Schiedsrichter über Angelegenheiten, die nicht Objekt eines solchen Verfahrens sein können, bzw. über die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses entscheiden (Art. 36).
Rz. 173
Es wurden ferner bei GmbH und Personengesellschaften sogenannte "wirtschaftliche Schiedsgutachterverfahren" (arbitraggio economico) eingeführt, um Konflikte, die im Rahmen der Geschäftsführung entstanden sind, zu lösen (Art. 37). Die Gründungsurkunde hat dabei die Modalitäten für die Einberufung und Zusammensetzung dieses Schiedsgutachtergremiums oder einzelner Schiedsgutachter zu regeln. Der Schiedsgutachterspruch ist nur mit der Begründung angreifbar, dass die Schiedsgutachter absichtlich zum Nachteil einer Partei gehandelt haben (Art. 1349 c.c.).