Dr. Anton Wiedemann, Giulia Novelli
Rz. 295
Bei der Beerbung eines italienischen Erblassers vor Inkrafttreten der EuErbVO (also Erbfälle bis 16.8.2015) ist wegen der Anknüpfung der Erbfolge an die Staatsangehörigkeit auch durch das italienische Internationale Privatrecht regelmäßig ein Renvoi ausgeschlossen und italienisches Erbrecht anwendbar. Ausgenommen ist allein der Fall, dass der Erblasser eine testamentarische Rechtswahl gem. Art. 46 Abs. 2 it. IPRG bzw. Art. 25 Abs. 2 EGBGB vorgenommen hat (siehe ausführlich Rdn 23 ff.).
Rz. 296
Im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge ist bei Geltung italienischen Rechts zu beachten, dass der überlebende Ehegatte ein Wohnrecht an der Ehewohnung und ein Nutzungsrecht an dem dazugehörigen Hausrat erhält (siehe Rdn 78). Dieser Anspruch entfaltet im Lichte der EuGH-Entscheidung iSa "Kubicka" entgegen der früheren Auffassung bezüglich des in Deutschland belegenen Vermögens nun dingliche Wirkungen und kann daher in das Europäische Nachlasszeugnis eingetragen werden. Dies gilt auch für die testamentarische Vorausteilung (siehe Rdn 115).
Rz. 297
Noterbrechte sind im Erbschein – als Erbquoten – aufzuführen, wenn die Noterben die azione di riduzione bereits erfolgreich geltend gemacht haben. Ist über die Klage noch nicht rechtsfähig entschieden worden, kann den Noterben keine Erbquote ausgewiesen werden. Möglicherweise wird das Nachlassgericht das Erbscheinsverfahren so lange aussetzen. Zulässig wird es sein, den testamentarischen Erben einen Teil- oder Mindesterbschein in Höhe der quota disponibile zu erteilen – wobei freilich zu bedenken wäre, dass diese im Fall der Hinzurechnung lebzeitiger Schenkungen einen erheblich geringeren Teil des Nachlasses als die gesetzliche Quote erfassen kann. Sind die Noterbrechte verjährt oder haben die Noterben auf die Rechte (nach Eintritt der Erbfolge) verzichtet, kann den testamentarischen Erben ein Erbschein über die vollen testamentarischen Erbquoten erteilt werden.
Rz. 298
Ist das deutsche Gericht zur Ausstellung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins international zuständig (§ 2369 BGB), ist dieses auch für die Entgegennahme einer Erbschaftsannahmeerklärung zuständig. Richtigerweise gilt dies auch für die Ausschlagungserklärung, denn auch die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung ist Voraussetzung dafür, dass das Gericht den Erbschein ausstellen kann und damit notwendig mit der Zuständigkeit für die Erbscheinserteilung verknüpft. Das BayObLG hatte in einem Fall die Zuständigkeit über eine entsprechende Anwendung von § 7 FGG bejaht, wenn das Nachlassgericht die Ausschlagungserklärungen entgegengenommen hat, ohne seine internationale Unzuständigkeit anzuführen.