Rz. 154

Anschließend[230] werden, soweit der Pflichtteil nicht aus dem Nachlassvermögen befriedigt werden kann, auch die vom Erblasser zu Lebzeiten vorgenommenen Schenkungen herabgesetzt (Art. 555 c.c.).[231] Anders als bei testamentarischen Verfügungen werden aber nicht alle gleichermaßen reduziert, sondern in chronologischer Reihenfolge, von der letzten ausgehend (Art. 559 c.c.). Sind mehrere Schenkungen zum gleichen Zeitpunkt erfolgt, erfolgt deren prozentmäßige Herabsetzung.[232] Die Herabsetzung betrifft freilich nicht die dem Pflichtteilsberechtigten gewährten Schenkungen, die durch die sog. collazione, ausgenommen eine dispensa, zur Erbmasse hinzukommen.

 

Rz. 155

Als Schenkung i.S.v. Art. 555 c.c. gelten direkte und indirekte Schenkungen gem. Art. 809 c.c. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung, sondern die Freigiebigkeit der Zuwendung und die Bereicherung beim Bedachten. So können auch Prämienzahlungen bei Lebensversicherungen,[233] Zuwendungen an post mortem gegründete Stiftungen[234] sowie die Übertragung von Vermögen eines Ehegatten an den anderen mittels Ehevertrag[235] einschließlich der Begründung eines fondo patrimoniale[236] darunter fallen.

[230] Wenn Geschwister als nicht pflichtteilsberechtigte gesetzliche Erben neben dem Ehegatten und/oder Vorfahren Erben sind, erstreckt sich das Noterbrecht zunächst auf den Erbteil der nicht pflichtteilsberechtigten Erben, so dass sich der Erbteil der Geschwister verringert, bevor Schenkungen an Dritte herabgesetzt werden (Art. 553 c.c.); vgl. Capozzi, Successioni e donazioni, I, S. 527; Palazzo, Le successioni, in: Iudica/Zatti (Hrsg.), Trattato di diritto privato, S. 570 f.; Gabrielli, Familienbeziehungen und Testierfreiheit in der Erbfolge nach italienischem Recht, in: Henrich/Schwab, Familienerbrecht, S. 137.
[231] Die Herabsetzung der Schenkungen wird aber sofort vorgenommen, wenn die testamentarischen Verfügungen nicht die "quota disponibile" übersteigen; dazu Capozzi, Successioni e donazioni, I, S. 531 f.
[232] Capozzi, Successioni e donazioni, I, S. 533 f. Nur bei gleichzeitigen Schenkungen kann man durch eine sog. clausola di preferenza vertraglich Abweichendes vereinbaren.
[233] Merz, La trasmissione familiare e fiduciaria della ricchezza, 2001, S. 421 f.; Palazzo, Attribuzioni patrimoniali tra vivi e assetti successori per la trasmissione patrimoniale della ricchezza, in: La trasmissione familiare della ricchezza, 1995, S. 17, 62.
[234] Palazzo, in: La trasmissione familiare della ricchezza, 1995, S. 17, 67.
[235] Galletta, I regolamenti patrimoniali tra coniugi, 1990, S. 48; Gatt, La liberalità, I, S. 320. Dagegen: Doria, Autonomia privata e causa familiare, 1996, S. 300 ff.
[236] Capozzi, Successioni e donazioni, II, S. 1608. Für die unterschiedlichen Fallkonstellationen siehe Palazzo, Le donazioni, in: Schlesinger (Hrsg.), Il codice civile. Commentario, 1991, S. 570 ff.

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