Dr. Anton Wiedemann, Dr. Tereza Pertot
Rz. 3
Die persönlichen Voraussetzungen der Eheschließung sind in den Art. 84–89 c.c. geregelt. Nicht gesetzlich geregelt, aber übereinstimmend als weitere Voraussetzungen angesehen werden das unterschiedliche Geschlecht der Ehegatten, die übereinstimmende Willenserklärung und die Einhaltung der Formvorschriften. Heiraten zwei italienische Staatsangehörige gleichen Geschlechts im Ausland, so gilt die von ihnen geschlossene Ehe als unione civile nach italienischem Recht (vgl. Art. 32 bis G. 31.5.1995, Nr. 218 = d.i.p.).
a) Zwei Personen verschiedenen Geschlechts
Rz. 4
Die Ehe können nur zwei Personen verschiedenen Geschlechts eingehen. Für gleichgeschlechtliche Partner besteht nun die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft (sog. unione civile) zu begründen (siehe Rdn 242).
b) Volljährigkeit
Rz. 5
Diese Voraussetzung gilt für beide Eheleute (Art. 84 Abs. 1 c.c.), sog. capacità matrimoniale. Das Minderjährigengericht (Tribunale dei Minorenni) kann auf Antrag durch Beschluss nach Anhörung der Eltern und des Staatsanwalts (Art. 38 disp. att. c.c.) von dem Erfordernis der Volljährigkeit befreien, wenn der Antragsteller das 16. Lebensjahr vollendet hat und wichtige Gründe dies rechtfertigen (Art. 84 Abs. 1 c.c.). Die Befreiung ist auch für beide Ehegatten möglich. Wird die Befreiung erteilt, bedarf die Eheschließung keiner Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
Bei einem nicht in Italien wohnhaften Minderjährigen ist das Gericht zuständig, in dem er seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Italien hatte, ersatzweise das Gericht in Rom.
Ist der Minderjährige nach seinem Heimatrecht ehefähig, bedarf es keiner Zustimmung des italienischen Gerichts, soweit er mindestens 16 Jahre ist; diese Altersgrenze ergibt sich aus dem orde public.
c) Geschäftsunfähigkeit
Rz. 6
Wer durch Urteil aufgrund Geisteskrankheit (infermità di mente) entmündigt (interdetto) wird (Art. 85 c.c.), kann eine Ehe nicht eingehen. Dies gilt ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Entmündigungsurteils. Läuft das Verfahren noch, kann auf Antrag des Staatsanwalts die Eheschließung verhindert werden. Vorstehendes Eheverbot wird als Bestandteil des ordre public gesehen.
Ist einer der Ehegatte bei der Eheschließung vorübergehend geschäftsunfähig, kann er die Eheschließung anfechten (Art. 120 c.c.).
d) Verbot der Doppelehe
Rz. 7
Eine Ehe kann nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine nach italienischem Recht wirksame Ehe (oder unione civile), gleichgültig, in welchem Land geschlossen und ob nach dem jeweiligen Heimatrecht zulässig, besteht (Art. 86 c.c.).
e) Verwandtschaft, Schwägerschaft und Adoption
Rz. 8
Als Eheverbot gilt die Blutsverwandtschaft in gerader Linie und in der Seitenlinie bis zum dritten Grad (Art. 87 c.c.). Eine Befreiung ist nur für die Verwandtschaft in der Seitenlinie im dritten Grad (Onkel/Tante und Neffen/Nichten) möglich. Das Verbot gilt weiter für die Schwägerschaft in gerader Linie und in der Seitenlinienlinie bis zum zweiten Grad. Eine Befreiung ist zwischen Schwägern in der Seitenlinie im zweiten Grad möglich. Im Falle einer Adoption gilt das Eheverbot auch bezüglich der Abkömmlinge, der Adoptivkinder und der Ehegatten (Art. 87 c.c.).
f) Vollendeter oder versuchter Totschlag des früheren Ehegatten des anderen künftigen Ehegatten
Rz. 9
Das Verbot gilt ab dem rechtskräftigen Urteilsspruch. Im Falle einer Eröffnung des Hauptverfahrens (rinvio a giudizio) oder eines Haftbefehls (ordine di cattura) bleibt die Eheschließung vorübergehend aufgeschoben (Art. 88 c.c.).
g) Vorübergehendes Verbot einer neuen Eheschließung
Rz. 10
Eine Ehe darf nicht geschlossen werden vor Ablauf von 300 Tagen seit der Auflösung der früheren Ehe, wenn die Ehe der zukünftigen Ehefrau durch Tod oder Scheidung aufgelöst oder für nichtig oder anfechtbar erklärt wurde (Art. 89 Abs. 1 c.c.). Das Verbot gilt nicht, wenn die Nichtigkeit aufgrund Zeugungsunfähigkeit (impotenza) eines Ehegatten erklärt wurde oder wenn die Auflösun...