Rz. 147

Die elterliche Verantwortung, die mit der Kindschaftsrechtsreform von 2012/2013 (Gesetz vom 10.12.2012, Nr. 219; D.Lgs. vom 28.12.2013, Nr. 154) teilweise novelliert wurde, steht unverändert beiden Ehegatten zu. Das Gericht hat zu entscheiden, wem die Kinder zur Betreuung zugewiesen werden. Vorrangig ist nach dem am 24.1.2006 verabschiedeten Gesetz die gemeinsame Betreuung (affidamento condiviso) durch beide Ehegatten, insbesondere dann, wenn beide Ehegatten dies vorschlagen.

 

Rz. 148

Die elterliche Verantwortung (responsabilità genitoria) ersetzt das früher als elterliche Gewalt (potestà genitoria) beschriebene Sorgerecht. Eine genauere Definition existiert nicht. Entsprechend dem Reformziel liegt der Schwerpunkt auf dem Kindesinteresse und der Fürsorgepflicht beider Elternteile.

Eine Neuerung betrifft nicht miteinander verheiratete Eltern. Wird das nichteheliche Kind von beiden Eltern anerkannt, steht die Ausübung der elterlichen Verantwortung beiden zu, unabhängig davon, ob die Eltern zusammen leb(t)en oder nicht. Sie steht auch demjenigen Elternteil zu, der nie mit dem Kind zusammengelebt hat (gemäß Art. 316 Abs. 4 c.c. n.F.). Dadurch wird eine Gleichstellung der Eltern unabhängig vom Beziehungsstatus der Eltern erreicht. Bei Meinungsverschiedenheiten hat das Gericht zu bestimmen, welcher Elternteil geeignet ist, die Interessen des Kindes am besten zu wahren. Leben die Eltern getrennt, kann das Gericht die Ausübung nach den Art. 337 bis ff. c.c. n.F. und das Anvertrauen des Kindes an ein Elternteil anordnen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.[200] Wichtige Entscheidungen sind auch beim alleinigen Anvertrauen gemeinsam zu treffen (Art. 337 Abs. 4 c.c. n.F.). Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes ist gemeinsam zu bestimmen (Art. 337 Abs. 3 c.c. n.F.).

 

Rz. 149

Das Gericht entscheidet auch über das Umgangsrecht und den Kindesunterhalt einschließlich der Erziehung und Ausbildung der Kinder.[201] Das Gericht kann bei Geschäften des täglichen Lebens einem Elternteil die alleinige Entscheidungs- und Vertretungsbefugnis zusprechen.

 

Rz. 150

Der Kindesunterhalt ist, soweit die Eltern keine einvernehmliche Regelung treffen, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu bemessen. Kriterien dafür sind die tatsächlichen Bedürfnisse des Kindes, der Lebensstandard des Kindes während der Ehe, Aufenthaltszeiten beim jeweiligen Elternteil, wirtschaftliche Verhältnisse der Eltern und die Übernahme der tatsächlichen Betreuung und Versorgung des Kindes durch einen Elternteil. Der danach festgesetzte Unterhaltsbetrag wird automatisch an den Lebenshaltungskostenindex (indici ISTAT) angepasst. Bei minderjährigen Kindern ist der Unterhalt zu Händen des Elternteils zu zahlen, dem das Kind anvertraut wurde. Ist das Kind volljährig, aber nicht wirtschaftlich unabhängig, kann das Gericht nach Art. 337 septies c.c. einen grundsätzlich ihm unmittelbar zustehenden assegno periodico festlegen. Das volljährige Kind gilt als wirtschaftlich unabhängig, auch wenn es die gewünschte Ausbildung noch nicht abgeschlossen hat, sofern es dazu in der Lage gewesen wäre.[202] Wird der Kindesunterhalt schon bei vorläufigen Anordnungen durch den Presidente del Tribunale mit der ordinanza presidenziale festgelegt, gilt die ordinanza als vollstreckbarer Titel.[203]

 

Rz. 151

Erfüllt ein Elternteil seine Unterhaltspflicht nicht, kann das Gericht nach Art. 709 ter c.p.c. die getroffenen Regelungen ändern, Schadensersatzzahlungen oder auch ein Bußgeld in Höhe von 75 bis 5.000 EUR festsetzen. Die Nichterfüllung kann u.U. auch Schmerzensgeldansprüche begründen.[204] Gegen solche Entscheidungen ist eine Revision beim Kassationshof nicht möglich.[205]

 

Rz. 152

Diese Regelungen gelten auch für den Kindesunterhalt nach rechtskräftiger Ehescheidung.

[200] Etwa weil das Verhältnis mit dem anderen Elternteil dem Interesse des Kindes bzw. seiner körperlichen und geistigen Entwicklung zuwiderläuft. So Cass., 6.3.2019, n. 6535, FD 2019, 532.
[201] Wird das Umgangsrecht tatsächlich verhindert, kann dies u.U. auch strafrechtlich relevant sein: Cass. Pen., 8.7.2009, n. 27995, FD 2010, 143; Cass. Pen., 18.3.2010, n. 10701, FD 2011, 281.
[202] Cass., 1.12.2004, n. 22500, FD 2005, 137; App. Napoli, 18.3.2011, FD 2011, 1117.
[203] Cass., 24.2.2011, n. 4543, FD 2011, 691.
[204] Siehe Cass., 7.6.2000, n. 7713; Trib. Messina, 31.8.2009, FD 2010, 150, als sog. danno da lesione del rapporto parentale.
[205] Cass., 22.10.2010, n. 21718, FD 2011, 573.

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