Nils Neuwerth, Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
2.1.2.1 Rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter
Rz. 275
Neben dieser organschaftlichen Vertretung der GmbH & Co. KG durch die Komplementär-GmbH ist die rechtsgeschäftliche Bestellung von weiteren Vertretern der GmbH & Co. KG, wie z. B. Prokuristen, Generalbevollmächtigten, Handlungsbevollmächtigten, möglich. Es ist auch zulässig, dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH Prokura unmittelbar für die KG einzuräumen. In diesem Fall kann also der GmbH-Geschäftsführer die GmbH & Co. KG als Organ der Komplementär-GmbH mittelbar oder als Prokurist der KG unmittelbar vertreten.
Rz. 276
Der Ausschluss des Kommanditisten von der organschaftlichen Vertretung ist zwingendes Recht und somit nicht durch den Gesellschaftsvertrag abänderbar, § 170 HGB. Die Übertragung rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht an einen Kommanditisten ist dagegen zulässig. Ein Kommanditist kann z. B. als Generalbevollmächtigter der GmbH & Co. KG Geschäftsführungsaufgaben wahrnehmen und die KG nach außen wirksam vertreten. Die Vertretungsmacht ist in diesem Fall auf den Umfang der rechtsgeschäftlichen Generalvollmacht beschränkt. Da dieser Generalbevollmächtigte der Gesamtheit der Gesellschafter und nicht nur den Gesellschaftern der Komplementär-GmbH verantwortlich ist, kann seine Funktion eine Stärkung des Einflusses der Kommanditisten auf die Geschäftsführung bedeuten. Außerdem kann ein Kommanditist von den Gesellschaftern der GmbH zum Geschäftsführer oder Prokuristen der GmbH bestellt werden.
2.1.2.2 Gesamtvertretung
Rz. 277
Sind neben der Komplementär-GmbH noch weitere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, kann anstelle der gesetzlich vorgesehenen Einzelvertretungsbefugnis aller Komplementäre (§§ 125 Abs. 1, 161 Abs. 2, 170 HGB) im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, dass alle oder mehrere Komplementäre nur gemeinschaftlich zur Vertretung ermächtigt sein sollen (sog. Gesamtvertretung, § 125 Abs. 2 HGB). Soll die Komplementär-GmbH nur zusammen mit einem Prokuristen vertretungsberechtigt sein, liegt eine sog. unechte Gesamtvertretung vor, § 125 Abs. 3 HGB.
Rz. 278
Bei einer Gesamtvertretung ist darauf zu achten, auf welche Gesellschaft sie sich bezieht. So ist die Vertretung durch einen gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH und einen gesamtvertretungsberechtigten Prokuristen der GmbH & Co. KG unwirksam. Denn ein gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH kann diese nur wirksam mit einer weiteren vertretungsberechtigten Person der GmbH vertreten. Bei der Regelung der Vertretungsverhältnisse ist immer die rechtliche Selbstständigkeit beider Gesellschaften zu berücksichtigen. Die Geschäftsführer der GmbH sind im Verhältnis zur GmbH & Co. KG Dritte. Ein Prokurist einer Personengesellschaft kann nicht an die Mitwirkung Dritter gebunden werden. In einer solchen Bindung läge eine unzulässige Beschränkung der Prokura.
2.1.2.3 Grundsatz der Selbstorganschaft
Rz. 279
Einzelne Komplementäre können durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen werden, §§ 125 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB. Es ist unzulässig, sämtliche persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter von der Vertretung auszuschließen und die Vertretung Nicht-Gesellschaftern zu überlassen (Verbot der Fremdgeschäftsführung und -vertretung bei Personengesellschaften). Dies folgt aus dem im Recht der Personengesellschaften geltenden Grundsatz der Selbstorganschaft. Er besagt, dass zum Wesen der Personengesellschaft deren Stellvertretung durch mindestens einen unbeschränkt haftenden Gesellschafter gehört, der für die Handlungen der Gesellschaft die volle Verantwortung trägt. In diesem Sinne ist es auch nicht zulässig, den einzigen vertretungsberechtigten Gesellschafter durch die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Prokuristen zu beschränken.
Rz. 280
Auch darf der einzige Komplementär in seiner Vertretungsbefugnis nicht insoweit vertraglich beschränkt werden, dass er die Gesellschaft nur zusammen mit einem Kommanditisten vertreten darf.
Rz. 281
Die Rechtsform der GmbH & Co. KG wird zum Teil auch deshalb gewählt, weil sie eine Umgehung des Verbots der Fremdgeschäftsführung und -vertretung ermöglicht. Denn materiell gesehen leitet der Fremdgeschäftsführer der GmbH die Personengesellschaft, wenn auch formell zwischen Personengesellschaft und gewähltem Fremdgeschäftsführer die GmbH als Gesellschafterin und organschaftliche Vertreterin geschoben wurde. Ebenso leicht ist es in einer GmbH & Co. KG möglich, den gesetzlichen Ausschluss des Kommanditisten von der o...