1 Leitsatz
Jeder Wohnungseigentümer hat einen Individualanspruch auf die Erstellung einer Jahresabrechnung. Dieser Anspruch wird grundsätzlich am Ende des 2. Quartals fällig.
2 Normenkette
§§ 18, 28 WEG; § 91a ZPO
3 Das Problem
Am 30.6.2023 liegt noch keine Jahresabrechnung vor. Wohnungseigentümer K erhebt daher gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B eine Klage auf ihre Erstellung. B erklärt, sich gegen die Klage verteidigen zu wollen, legt dann im September 2023 aber plötzlich die Jahresabrechnung vor. Die Parteien erklären daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Fraglich ist, wer nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Das AG meint, die Kosten seien gegeneinander aufzuheben. Dagegen richtet sich die Beschwerde.
4 Die Entscheidung
Das LG weist die Beschwerde zurück! Zwar sei die Jahresabrechnung 2022 am 30.6.2023 vorzulegen gewesen. B habe sich aber nicht in Verzug befunden. Außerdem habe B den Anspruch des K durch Erstellung und Übersendung der Jahresabrechnung noch im September 2023 "anerkennend" erfüllt.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall verlangt ein Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, dass diese bis zum Ende des 2. Quartals die Jahresabrechnung vorlegt. Zu beantworten ist, ob er hierauf überhaupt einen Anspruch hat.
Individualanspruch auf Jahresabrechnung
AG und LG gehen davon aus, dass ein Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Individualanspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung hat. Diese Sichtweise entspricht, gibt es einen Verwalter, der herrschenden Meinung. Der Anspruch folgt dann aus § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss die Jahresabrechnung nach herrschender Meinung entsprechend § 264 Abs. 1 HGB spätestens im 2. Quartal des Folgejahres vorlegen. Eine Minderansicht, die behauptet, es reiche das Ende des 3. Quartals, überzeugt eher nicht. Denn es geht bei der Frage, wann die Jahresabrechnung vorliegen muss, nicht nur um vermietende Wohnungseigentümer, sondern darum, den Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu "verstehen".
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Eine Verwaltung muss wissen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – und damit sie selbst – nach herrschender Meinung die Jahresabrechnung am Ende des 2. Quartals des Folgejahres des abzurechnenden Jahres vorlegen muss. Verpasst die Verwaltung diese Pflicht, schuldet sie der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Schadensersatz, wenn sie die Verspätung zu vertreten hat. Dies ist eine Frage des Einzelfalls. Liefert beispielsweise ein Messdienstleister trotz mehrerer Mahnungen keine Daten, sehe ich selbst kein Verschulden.
6 Entscheidung
LG Bremen, Beschluss v. 8.2.2024, 8 T 322/23