Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Abrechnung beinhaltet ein Recht auf Einsichtnahme in fremde Einzelabrechnungen. Das Verlangen nach Erstellung von Kopien der Einzelabrechnungen ist in der Regel nicht rechtsmissbräuchlich.
Fakten:
Einige Wohnungseigentümer hatten im vorliegenden Verfahren beantragt, den Verwalter zu verpflichten, ihnen gegen Erstattung der Kosten Kopien der Einzelabrechnungen des zur Beschlussfassung stehenden Abrechnungsjahres für sämtliche Wohn- und Gewerbeeinheiten zu erstellen. Dieser Antrag hatte Erfolg, denn jeder Wohnungseigentümer hat gegen den Verwalter einen Anspruch auf Abrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG. Um die Richtigkeit der Abrechnung wirksam überprüfen zu können, ist es erforderlich, dass ein Wohnungseigentümer Einsicht in Buchungsunterlagen und Belege, insbesondere Rechnungen, Angebote, Stellungnahmen in juristischen Angelegenheiten und Gutachten nehmen kann. Die entsprechende Verpflichtung des Verwalters, Einsicht in die genannten Unterlagen zu gewähren, ergibt sich aus § 28 Abs. 3 WEG, §§ 675, 666 BGB i.V.m. § 259 BGB und regelmäßig auch aus dem Verwaltervertrag.
Nachdem sich die Stimmabgabe jedes einzelnen Wohnungseigentümers bei der Beschlussfassung auch auf die Genehmigungen der fremden Einzelabrechnungen mit den oben beschriebenen Rechtsfolgen bezieht, muss auch für diese Abrechnungen eine Kontrollmöglichkeit der einzelnen Wohnungseigentümer, und damit ein Anspruch auf Einsichtnahme, bejaht werden. Diesem Anspruch steht das Bundesdatenschutzgesetz nicht entgegen, da die Wohnungseigentümergemeinschaft keine anonyme Gemeinschaft ist und die Einsichtnahme dem Zweck des Gemeinschaftsverhältnisses dient, § 28 BDSG. Gewöhnlich wird die Einsichtnahme durch Vorlage der Dokumente in den Geschäftsräumen des Verwalters erfolgen. Ein Anspruch auf Herausgabe der Originalunterlagen besteht grundsätzlich nicht. Im Rahmen der Einsichtnahme hat ein Wohnungseigentümer aber Anspruch auf Fertigung und Aushändigung von Kopien, da es ihm, auch wegen des unterschiedlichen Beweiswerts, in der Regel nicht zugemutet werden kann, handschriftliche Abschriften zu erstellen. Dies gilt sowohl für die Belege zu den Abrechnungen als auch für die Abrechnungen selbst.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 09.03.2007, 32 Wx 177/06
Fazit:
Seine Grenzen findet der Anspruch auf Fertigung von Kopien gegen Kostenerstattung im Schikane- und Missbrauchsverbot der §§ 226, 242 BGB. Das Ersuchen der Wohnungseigentümer muss sich demnach auf vorhandene und hinreichend genau bezeichnete Unterlagen beziehen, die ohne nennenswerten Vorbereitungsaufwand und ohne Störungen des Betriebsablaufs der Verwaltung eingesehen und fotokopiert werden können. Im Rahmen seiner Verpflichtung zur Fertigung von Kopien hat der Verwalter selbstverständlich einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die jeweiligen Wohnungseigentümer. Das OLG München hat hier Kopierkosten in Höhe von 0,30 Euro pro Kopie als angemessen angesehen.