Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Über Wirtschaftsplan und Abrechnung beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit. Ihre Verpflichtung im Innenverhältnis erfolgt nicht bereits mit Entstehung der Lasten und Kosten, sondern erst durch den Beschluss. Daraus folgt, dass ein solcher Beschluss Verbindlichkeiten nur für und gegen die bei Beschlussfassung eingetragenen Wohnungseigentümer, nicht aber für deren Rechtsvorgänger begründen kann, denn sonst läge insoweit ein unzulässiger Gesamtakt zu Lasten Dritter vor.
Fakten:
Der vorliegend verklagte Wohnungseigentümer erwarb im Jahr 2005 mehrere Wohnungen in der Wohnungseigentumsanlage. Der wirtschaftliche Übergang der Wohnungen von der Voreigentümerin auf den Wohnungseigentümer fand im Februar 2005 und im Mai 2005 statt. Die Eigentumsumschreibung erfolgte im Juni 2005. Im Jahr 2006 erfolgte die Beschlussfassung über die Jahresabrechnungen 2004 und 2005. Es ergaben sich jeweils Nachforderungen, da die Ansätze in den Wirtschaftsplänen überschritten wurden. Die Abrechnung 2004 und diejenige bis zum wirtschaftlichen Übergang 2005 wurden an die Voreigentümerin adressiert. Für die Zeit nach dem wirtschaftlichen Übergang der Wohnungen auf den Erwerber sind die Abrechnungen an diesen adressiert und weisen ebenfalls einen Nachzahlungsbetrag aus. Da keine Nachzahlungen geleistet wurden, verklagte die Gemeinschaft den Erwerber hinsichtlich sämtlicher Nachzahlungsforderungen, also auch derjenigen aus 2004. Die Klage hatte Erfolg.
Die Beschlüsse über die Jahresabrechnungen 2004 und 2005 begründen, auch soweit die Einzelabrechnungen an die Voreigentümerin adressiert sind, eine Zahlungsverpflichtung des beklagten Erwerbers. Nach § 28 WEG hat der Verwalter für jeweils ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen und nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung zu erstellen. Über Wirtschaftsplan und Abrechnung beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit. Ihre Verpflichtung im Innenverhältnis erfolgt nicht bereits mit Entstehung der Lasten und Kosten, sondern erst durch den Beschluss. Daraus folgt, dass ein solcher Beschluss Verbindlichkeiten nur für und gegen die bei Beschlussfassung eingetragenen Wohnungseigentümer, nicht aber für deren Rechtsvorgänger begründen kann, denn sonst läge insoweit ein unzulässiger Gesamtakt zulasten Dritter vor.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 02.12.2011, V ZR 113/11BGH, Urteil vom 2.12.2011 – V ZR 113/11
Fazit:
Abweichend hiervon konnten die Beschlüsse über die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Nachzahlungsbeträge, soweit die Abrechnungen an die Voreigentümerin adressiert sind, nicht gegenüber dem Erwerber, sondern gegenüber der Voreigentümerin geltend gemacht werden sollten. Welche Zahlungspflichten durch den Beschluss begründet werden sollen, bestimmt sich nach dem darin zum Ausdruck gebrachten rechtsgeschäftlichen Willen der beschließenden Mehrheit. Die hiermit verbundene Verpflichtung der aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschiedenen Voreigentümerin stellt nämlich einen unzulässiger Gesamtakt zulasten eines Dritten dar. Dies spricht dafür, dass die Wohnungseigentümer dem Erwerber lediglich den internen Forderungsausgleich gegenüber der Voreigentümerin erleichtern und sie nicht entgegen der Rechtsordnung eine Schuld der Voreigentümerin begründen wollten.