Rz. 8
§ 3 Nr. 1 erfasst alle Personen, die entweder ihren Beschäftigungs- oder Tätigkeitsort (vgl. §§ 9 bis 11) im Geltungsbereich des SGB IV haben. Das bedeutet: Diese Personen unterfallen den deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung. Unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Beschäftigten gilt bei einem Vollzug des Beschäftigungsverhältnisses im Inland grundsätzlich deutsches Sozialversicherungsrecht. Hierdurch werden keine eigenständigen Rechtsansprüche auf Zugang zur Sozialversicherung begründet. Es wird lediglich klargestellt, dass die Anwendung der Vorschriften über die Versicherungspflicht (§ 2) und freiwillige Versicherung nicht vom Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 SGB I) in der Bundesrepublik Deutschland abhängt. Maßgebend ist allein, dass die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit in diesem Gebiet ausgeübt wird. Die Betroffenen werden kraft Gesetzes in die Versicherung einbezogen. Das gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Der Vorschrift unterfallen daher sowohl Inländer als auch Ausländer und Staatenlose. Auf Wohnsitz und Nationalität des Beschäftigten oder selbständig Tätigen kommt es nicht an (BSG, Urteil v. 23.2.1994, 10 RAr 8/93). Nicht erfasst werden hingegen solche Personen, die zwar im Geltungsbereich wohnen, aber außerhalb beschäftigt oder selbständig sind. § 3 hat eine besondere Bedeutung für Grenzgänger. Das sind nach der Legaldefinition in Titel 1 Art. 1 Buchst. f EGVO 883/2004 Arbeitnehmer, die im Gebiet eines Mitgliedstaats beschäftigt sind und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, in das sie i. d. R. täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückkehren.
Wer in Deutschland wohnt, aber in der Schweiz beschäftigt ist, unterfällt nicht dem SGB IV; wer hingegen im Ausland wohnt und in Deutschland beschäftigt oder selbständig tätig ist, unterfällt dem SGB IV und unterliegt der Versicherungspflicht.
Rz. 9
Als Ausfluss des Territorialitätsprinzips gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung auch für Seeleute. Das sind nach § 13 Abs. 1 Satz 2 Kapitäne, Besatzungsmitglieder von Seeschiffen sowie sonstige Arbeitnehmer, die an Bord von Seeschiffen während der Reise im Rahmen des Schiffsbetriebs beschäftigt sind. Lotsen sind hiervon ausgenommen (§ 13 Abs. 1 Satz 2). Für Seeleute auf deutschen Seeschiffen gilt § 2. Sie sind im Inland beschäftigt. Soweit es um den Versicherungsschutz für deutsche Seeleute auf unter ausländischer Flagge fahrenden Schiffen geht, ist § 2 Abs. 3 maßgebend.
Rz. 10
Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinn ist eine nichtselbständige, in persönlicher (und wirtschaftlicher) Abhängigkeit geleistete Arbeit (vgl. hierzu auch EGVO 883/2004 Titel 1 Art. 1 Buchst. a). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Als Beschäftigung gilt gemäß § 7 Abs. 2 auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung (zu den Einzelheiten vgl. die Komm. zu § 7).
Rz. 11
Unter einer selbständigen Tätigkeit ist eine Tätigkeit zu verstehen, die zu Erwerbszwecken in der Wirtschaft oder in freien Berufen in persönlicher (und wirtschaftlicher) Unabhängigkeit ausgeübt wird (zum Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit vgl. auch EGVO 883/2004 Titel 1 Art. 1 Buchst. b). Eine selbständige Tätigkeit ist also gegeben, wenn der Betreffende persönlich unabhängig ist und eigene wirtschaftliche Verantwortung und Verfügungsgewalt über Betriebseinrichtungen bzw. Betriebsmittel hat (vgl. BSG, Urteil v. 23.6.1994, 12 RR 72/92, NJW 1994 S. 2974). Persönliche Unabhängigkeit liegt vor, wenn der Betreffende die Arbeiten nach eigenem Befinden und Belieben ausgeführt (vgl. BSG, Urteil v. 4.5.1994, 11 RAr 57/93). Das ist der Fall, wenn er nicht in einen fremden Betrieb eingegliedert ist, nicht an fest vorgeschriebene Verfahrensabläufe oder vorgeschriebene Arbeitszeiten gebunden und er nicht dem Direktionsrecht eines Dritten unterworfen ist. Von indizieller Bedeutung für eine selbständige Tätigkeit ist, wenn jemand über ein eigenes Direktionsrecht gegenüber seinen Betriebsangehörigen verfügt (vgl. BSG, Urteile v. 29.11.1990. 2 RU 18/90; 30.1.1990, 11 RAr 47/88; 21.6.1994, 11 RAr 89/93). Als wesentliches Abgrenzungskriterium gegenüber der unselbständigen Tätigkeit ist daher jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die Erwerbstätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betrieben wird. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Betreffende der Gruppe der Selbständigen dann zuzuordnen ist, wenn er das Betriebsrisiko (Gewinn und Verlust) selbst trägt und über die Betriebsmittel selbst verfügt (vgl. die Komm. zu § 7).
Rz. 12
Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung knüpfen an den inländischen Beschäftigungsort an. Maßgebend hierfür ist der Ort, an dem die Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wi...