Rz. 7
Liegen bei Beginn einer Altersrente gleichzeitig die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, eine Erziehungsrente oder eine andere Altersrente vor, wird nur die höchste Rente geleistet (§ 89 Abs. 1 Satz 1). Bei gleich hohen Renten ist die in § 89 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 7, 9, 11 bis 12 geregelte Rangfolge maßgebend.
Darüber hinaus ist Abs. 2 der Vorschrift (i. d. F. des 8. SGB IV-ÄndG v. 20.12.2022, BGBl. I S. 2759) beim Zusammentreffen einer Altersrente mit anderen Ansprüchen auf Versichertenrenten (Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Erziehungsrente, andere Altersrente) als spezielle Regelung vorrangig zu beachten. Danach ist abweichend von § 89 Abs. 1 nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezuges einer solchen Rente ein Wechsel in eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Erziehungsrente oder andere Rente wegen Alters ausgeschlossen. Diese Ausschlussregelung steht im Zusammenhang mit den versicherungsmathematischen Rentenabschlägen, die Versicherte bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Versichertenrente hinnehmen müssen und deren Höhe über eine Minderung des Zugangsfaktors (§§ 77, 264d) bei Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1) gesteuert wird. Der Minderungszeitraum für die Bestimmung des Zugangsfaktors (§§ 77 Abs. 2, 264d) und damit die Höhe des jeweiligen Rentenabschlags, ist einerseits vom Lebensalter eines Versicherten bei Rentenbeginn und andererseits von der jeweiligen Rentenart abhängig. So beträgt z. B. der höchstmögliche Rentenabschlag bei Berechnung von Altersrenten für Frauen 18 %, bei Berechnung von Altersrenten für langjährig Versicherte 14,4 % und bei Berechnung von Altersrenten für schwerbehinderte Menschen, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Erziehungsrenten 10,8 % der Monatsrente. Durch die in Abs. 2 enthaltene Ausschlussregelung soll verhindert werden, dass Versicherte nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezuges einer solchen Rente in eine andere Versichertenrente mit einem geringeren Rentenabschlag wechseln können.
Rz. 8
Ein "Rentenwechsel" i. S. v. Abs. 2 liegt vor, wenn nach bindender Bewilligung einer Altersrente oder für Zeiten des Bezuges einer solchen Rente die Voraussetzungen für eine andere Versichertenrente erfüllt werden, für die sich ein späterer Rentenbeginn (§ 99 Abs. 1) ergibt und die sich nahtlos an die bereits bewilligte Altersrente anschließen würde. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass kein "Rentenwechsel" i. S. v. Abs. 2 vorliegt, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass ein weiterer Versichertenrentenanspruch besteht, für den sich ein früherer oder zumindest zeitgleicher Rentenbeginn ergibt (vgl. auch AGFAVR 1/2004 TOP 3). In diesen Fällen bestehen vielmehr parallel 2 Versichertenrentenansprüche; welche Rente letztlich zu leisten ist, richtet sich nach der in § 89 Abs. 1 geregelten Rangfolge.
Rz. 9
Ein Antrag auf Altersrente ist von den Rentenversicherungsträgern stets so auszulegen, dass ein Versicherter die für ihn günstigste, also die Altersrente mit dem höchsten Rentenzahlbetrag, begehrt; dies gilt selbst dann, wenn eine bestimmte Altersrente im Rentenantrag angekreuzt worden ist (vgl. auch BSG, Urteil v. 29.11.2007, B 13 R 44/07 R). So hatte das BSG über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236) beantragt wurde und sich nach der Rentenbewilligung rückwirkend herausstellte, dass bereits im Zeitpunkt des Beginns dieser Altersrente Schwerbehinderung i. S. v. § 2 Abs. 2 SGB IX vorgelegen und damit zeitgleich ein Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a) bestanden hatte. Nach den Feststellungen des BSG in seinem Urteil (a. a. O.) lag auch in diesem Fall kein "Rentenwechsel" i. S. v. Abs. 2 vor, da bei Bewilligung der "ersten Rente wegen Alters" von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich rückwirkend als unrichtig erwiesen hatte. Aus diesem Grunde seien (höhere) Sozialleistungen (nämlich die Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a, bei deren Berechnung sich gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a ein geringerer Rentenabschlag ergibt als für die Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 236) zu Unrecht nicht erbracht worden, sodass die Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes gemäß § 44 SGB X vorliegen.
Rz. 10
Eine Ausnahme von der Ausschlussregelung des Abs. 2 ergibt sich darüber hinaus aus § 75 Abs. 4 letzter HS. Danach gilt § 34 Abs. 2 nicht, wenn während des Bezuges einer Altersrente gemäß § 119 SGB X regressierte Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für ein Schadensereignis gezahlt worden sind, das sich vor dem Rentenbeginn (§ 99 Abs. 1) ereignet hat. Soweit z. B. die Regressierung (§ 119 SGB X) vor Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen ist, könnte somit abweichend von Abs. 2 ein Wechsel in eine andere vorzeitige Altersrente erfolgen. Di...