Rz. 39
Weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist, dass der Versicherte in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat (Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2). Durch diese Anspruchsvoraussetzung, die bereits 1984 durch das Haushaltsbegleitgesetz in die entsprechenden Bestimmungen der RVO eingeführt wurde, soll der Lohnersatzfunktion (Funktion des Ersatzes von versichertem Erwerbseinkommen, vgl. BSG, Urteil v. 17.12.2002, B 4 RA 23/02 R) der Renten wegen Erwerbsminderung mit dem Ziel der Vermeidung einer Überversicherung Rechnung getragen werden. Nur der Versicherte soll Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben, der in den letzten 5 Jahren vor dem Versicherungsfall aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder (selbständigen) Tätigkeit und daraus erzieltem und nunmehr krankheitsbedingt entfallenem Lohn Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Das Erfordernis der Dreifünftelbelegung ist nach der Rechtsprechung des BVerfG v. 8.4.1987 (1 BvR 564/84 u. a.) im Hinblick auf § 241 nicht verfassungswidrig. Nach Abs. 2 der vorgenannten gesetzlichen Bestimmung ist die Dreifünftelbelegung nicht erforderlich, wenn der Versicherte vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt und damit Vertrauensschutz erworben hatte und wenn von diesem Zeitpunkt an der gesamte Zeitraum bis zu dem Monat vor Eintritt des Versicherungsfalls durchgehend mit rentenrechtlichen Zeiten belegt ist (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 9.12.1998, L 8 RJ 68/96). Die Regelung ist auch verfassungsgemäß, wenn § 241 mangels Zurücklegung der allgemeinen Wartezeit vor 1984 keine Anwendung findet (BSG, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 9). Waren ausländische Versicherte, die nach Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vor 1984 in ihr Heimatland zurückgekehrt waren, wegen der dortigen Verhältnisse gehindert, freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen und damit die Voraussetzungen des § 241 zu erfüllen, dann steht dies einer Rentenablehnung wegen fehlender Dreifünftelbelegung nicht entgegen (BSG, Urteil v. 3.11.1994, 13 RJ 69/92).
Rz. 40
Über den Wortlaut des § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 hinaus sind nach § 55 Abs. 2 auch folgende Zeiten als Pflichtbeitragszeiten (d. h. auch Zeiten ohne Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit) im Rahmen des § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 zu berücksichtigen:
- freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten. Hierzu zählen z. B. freiwillige Beiträge von Pflegepersonen in der Zeit vom 1.1.1992 bis zum 31.3.1995 nach § 279e Abs. 1 bei entsprechendem Antrag (seit dem 1.1.1995 sind Zeiten der nichterwerbsmäßigen Pflege Pflichtbeitragszeiten, § 3 Nr. 1a) oder auch in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht entrichtete Beiträge, die zwar grundsätzlich nach § 202 (falls eine Erstattung der Beiträge nicht geltend gemacht wird) als freiwillige Beiträge gelten, die jedoch den Charakter von Pflichtbeiträgen behalten, wenn sie nicht im Rahmen einer bereits durchgeführten Betriebsprüfung beanstandet wurden. In diesem Fall darf die rechtswidrige Beitragsentrichtung nicht mehr beanstandet werden und die Beiträge gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge (§ 26 SGB IV);
- Pflichtbeiträge, die nach den §§ 3 oder 4 gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. Hierzu zählen, Kindererziehungszeiten (§ 3 Nr. 1, § 56, 249), Zeiten der nichterwerbsmäßigen Pflege (§ 3 Nr. 1a, § 166 Abs. 2), Zeiten des gesetzlichen Wehr- und Zivildienstes (§ 3 Nr. 2), Zeiten des Bezugs von Lohnersatzleistungen wie z. B. Krankengeld, Verletztengeld, Arbeitslosengeld oder (bis zum 31.12.2010) Arbeitslosengeld II unter den in § 3 Nr. 3 genannten Voraussetzungen, Zeiten des Bezugs von Vorruhestandsgeld, wenn der Leistungsberechtigte unmittelbar vor dem Bezug dieser Leistung versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung war (§ 3 Nr. 4), Zeiten, für die im Rahmen der Nachversicherung Beiträge gezahlt wurden (§ 185 Abs. 2 Satz 1), Zeiten der Nachzahlung bei Strafverfolgung (§ 205 Abs. 1 Satz 3), Zeiten der Lehre oder sonstigen Berufsausbildung vom 1.6.1945 bis zum 30.6.1965, in denen trotz der bestehenden Versicherungspflicht Beiträge nicht gezahlt worden sind (§ 247 Abs. 2a) sowie Zeiten der Antragspflichtversicherung nach § 4;
- Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat. Hierbei handelt es sich vornehmlich um Anrechnungszeiten in der Zeit vom 1.1.1984 bis zum 31.12.1991 (z. B. Bezug von Krankengeld), für die (auch) der Leistungsträger Beiträge gezahlt hat und die nach § 247 Abs. 1 Satz 2 als Pflichtbeiträge gelten.
Rz. 41
Im Wege des Versorgungsausgleichs übertragene oder begründete Rentenanwartschaften sind keine mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegten Zeiten (BSG, SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 166); denn sie entfalten nicht den ausreichend eng...