Das Wichtigste in Kürze:

1. Bei abschließenden Entscheidungen über ein Verfahren und solchen über einen selbstständigen Verfahrensabschnitt ist auch über die Kosten zu entscheiden.
2. Im Wesentlichen finden die Bestimmungen der StPO und des JGG Anwendung.
3. Eine gesonderte Auslagenentscheidung ist nur ausnahmsweise notwendig, z.B. bei der Erstattung der notwendigen Auslagen durch die Staatskasse.
4. Endet das Verfahren vor Erlass eines Bußgeldbescheids, ist eine Erstattung der notwendigen Auslagen generell ausgeschlossen.
5. Unterbleibt eine Ahndung, trägt i.d.R. die Staatskasse die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen.
6. Fehlt eine Auslagenentscheidung zugunsten des Betroffenen, muss er seine Auslagen selbst tragen.
7. Auch bei einer Verurteilung können ausnahmsweise besondere Auslagen von der Zahlungspflicht des Betroffenen ausgenommen und ihm die Erstattung der notwendigen Auslagen (ggf. teilweise) zugebilligt werden.
8. Die Rechtsbehelfe gegen Kostenentscheidungen sind befristet.
 

Rdn 2684

 

Literaturhinweise:

Burhoff, Erstattungsfähigkeit von Kosten für Privatgutachten im Straf- oder Bußgeldverfahren, AGS 2023, 193

Fromm, Unbegrenzte Kostentragungspflicht von Sachverständigengutachten durch den Betroffenen im Bußgeldverfahren? – Checkliste, DAR 2017, 428

Lehmann-Richter, Die gerichtliche Kostenentscheidung bei einem fiktiven Teilfreispruch im Ordnungswidrigkeitenverfahren, NZV 2003, 366

Krumm, Verspäteter Verteidigungsvortrag als Kostenrisiko im OWi-Verfahren, VRR 2008, 289

Maas, Notwendigkeit der selbstständigen Anfechtung der Kostenentscheidung eines Bußgeldbescheides?, NJW 1972, 1454

Meyer, Zur Anwendung des § 467 Abs. 4 StPO in der Praxis, JurBüro 1985, 1125

Sandherr, Die Versagung der Auslagenerstattung nach § 109a II OWiG, NZV 2009, 327

Stephan, Selbstständige Anfechtung der Kostenentscheidung eines Bußgeldbescheides?, NJW 1972, 934.

 

Rdn 2685

1. Über die Kosten ist stets zu entscheiden, sobald eine abschließende Entscheidung über ein Verfahren oder über einen selbstständigen Verfahrensabschnitt getroffen wird. Das OWiG verweist im Wesentlichen auf Bestimmungen der StPO zur Kostengrundentscheidung.

 

☆ Strikt zu unterscheiden ist die Kostengrundentscheidung vom Kostenfestsetzungsverfahren. Bei der Kostenfestsetzung werden die Gebühren und Auslagen betragsmäßig bestimmt. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt die Festsetzung nach § 464b StPO, im Verfahren der StA gem. § 108a Abs. 3 und der Verwaltungsbehörde gem. § 106.unterscheiden ist die Kostengrundentscheidung vom Kostenfestsetzungsverfahren. Bei der Kostenfestsetzung werden die Gebühren und Auslagen betragsmäßig bestimmt. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt die Festsetzung nach § 464b StPO, im Verfahren der StA gem. § 108a Abs. 3 und der Verwaltungsbehörde gem. § 106.

 

Rdn 2686

2.a) Die Kosten des Verfahrens werden bei einem abschließenden Bescheid der Bußgeldstelle nach § 107 Abs. 3, im Übrigen und insbes. bei gerichtlichen Entscheidungen nach § 464a Abs. 1 StPO bestimmt. Sie umfassen zum einen die Gebühren und Auslagen der Bußgeldstelle zur Ermittlung und Verfahrensbearbeitung. Dazu zählen auch die Kosten für Maßnahmen der Polizei und zur Vollstreckung (z.B. Beschlagnahme des Führerscheins zur Durchsetzung eines Fahrverbots). Zum anderen werden die Gerichtskosten erfasst.

 

Rdn 2687

Daneben ist eine gesonderte Auslagenentscheidung nur ausnahmsweise notwendig, bspw. wenn einzelne besondere Auslagen von der Erstattungspflicht des Betroffenen ausgenommen werden (§ 465 Abs. 2 StPO; s. Rdn 2705) oder aber die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen hat.

 

Rdn 2688

b) Allein maßgeblich ist die letzte Kostenentscheidung. Wird nach Einspruch der Bußgeldbescheid aufgehoben und durch einen anderen ersetzt, wird in dem zweiten Bescheid abschließend über die (gesamten) Kosten und Auslagen entschieden. Ebenso entfällt die Kostenentscheidung im Bußgeldbescheid, wenn das AG später in der Sache entscheidet.

 

Rdn 2689

c) I.d.R. trifft die Erstattungspflicht die Staatskasse oder den Betroffenen. Ausnahmsweise kann auch ein Dritter belastet werden. Im Verkehrsrecht ist die Regelung in § 25a Abs. 1 StVG von besonderer Bedeutung. Danach hat der Halter eines Kfz die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn der Fahrzeugführer bei einem Park- oder Halteverstoß nicht ermittelt werden konnte (Einzelh. bei → Halterhaftung [§ 25a StVG], Rdn 2347 ff.).

 

Rdn 2690

3. Bei Jugendlichen und Heranwachsenden kann gem. § 74 JGG davon abgesehen werden, die Kosten und Auslagen aufzuerlegen (zu den Kriterien bei der Ermessensentscheidung BGH NStZ 2006, 503 = StV 2007, 12; KG NStZ-RR 2007, 64; OLG Nürnberg, Beschl. v. 9.11.2023 – Ws 982/23; eingehend → Jugendliche und Heranwachsende im OWi-Verfahren, Rdn 2630).

 

Rdn 2691

4. Bei der gerichtlichen Kostengrundentscheidung gelten gem. § 46 Abs. 1 die Bestimmungen der StPO, soweit sie auf Bußgeldverfahren übertragen werden können.

 

☆ Der Kostenbeamte ist im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens an eine bestandskräfti...

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