1 Leitsatz
Der Vermieter kann dem Mieter fristlos kündigen, wenn dieser anlässlich eines Streits einen Eimer Wasser aus dem Fenster schüttet und dabei in Kauf nimmt, dass der unter dem Fenster stehende Vermieter dabei getroffen wird.
2 Normenkette
BGB §§ 535, 543, 569
3 Das Problem
Der Vermieter kann das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos d. h. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens des Mieters und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt auch dann vor, wenn der Mieter den Hausfrieden nachhaltig stört (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB).
4 Die Entscheidung
In dem vom AG Hanau entschiedenen Fall war unstreitig, dass die Mieterin an 2 Tagen hintereinander jeweils einen mit Wasser gefüllten Eimer aus dem Fenster in den Hof schüttete, als sich die Vermieterin im Hof befand. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung eines Zeugen stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Mieterin die Vermieterin mit den Wassergüssen getroffen und gänzlich durchnässt hat. Daraufhin hatte die Vermieterin den Mietvertrag fristlos gekündigt.
Die Mieterin räumte zwar ein, Wasser aus dem Fenster gegossen zu haben, um die Vermieterin daran zu hindern, ihr Fahrrad woanders hinzustellen. Getroffen habe sie die Vermieterin mit dem Wasserschwall allerdings nicht – jedenfalls nicht absichtlich. Dagegen bestätigte der Zeuge, dass er die Vermieterin an beiden Tagen "klatschnass wie bei der Ice-Bucket-Challenge" im Hof angetroffen hat, auch wenn er keinen der Schüttvorgänge mit eigenen Augen gesehen hat. Zudem erinnerte sich der Zeuge, die Mieterin direkt nach dem ersten Vorfall am Fenster stehend gesehen und von ihr vernommen zu haben, sie "würde es wieder tun".
Nach Auffassung des Gerichts begründet bereits das Schütten eines Eimers Wasser aus dem Fenster in den Hof eines vermieteten Gebäudes an sich ein vertragswidriges Verhalten, das den Hausfrieden stört und die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht nachhaltig verletzt. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses ist daher unzumutbar, da es sich nicht um eine Bagatelle oder ein lediglich unhöfliches Verhalten handelt, sondern um einen auch strafrechtlich relevanten Sachverhalt. Eine Kündigung ist daher selbst dann gerechtfertigt, wenn die Mieterin keine Absicht gehabt habe, die Vermieterin zu treffen, sondern dies nur in Kauf genommen hat. Dies ist nach Überzeugung des Gerichts der Fall gewesen. Daher war auch keine vorherige Abmahnung notwendig. Dementsprechend hatte die Mieterin auch die Kosten des Räumungsprozesses zu tragen.
5 Entscheidung
AG Hanau, Beschluss v. 19.2.2024, 34 C 92/23, WuM 2024, 398