Leitsatz
Voreinzahlungen auf die künftige Kapitalerhöhung haben schuldtilgende Wirkung nur dann, wenn der eingezahlte Betrag im Zeitpunkt der Fassung des Erhöhungsbeschlusses noch als solcher im Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist. Dem steht es nicht gleich, dass auf ein debitorisches Konto der Gesellschaft eingezahlt wird und die Bank nach Verrechnung der Gutschrift eine Verfügung über den Einlagebetrag zulässt. Der Kapitalerhöhungsbeschluss stellt die maßgebliche Zäsur dar.
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Beklagte war. Am 23.12.1996 beschloss der Beklagte die Erhöhung des 50000 DM betragenden Stammkapitals um 1,45 Mio. DM und übernahm die auf das erhöhte Kapital zu leistende Stammeinlage. 1 Mio. DM sollten sofort per Bareinlage eingezahlt werden. In der Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister vom 23.12.1996 versicherte der Beklagte, "dass die Einlagen auf das neue Stammkapital in voller Höhe bewirkt sind und dass die Einlagen der Geschäftsführung endgültig auflagenfrei und frei von jeglichen Schulden oder Rechten Dritter zur freien Verfügung stehen". Den bar zu erbringenden Teil seiner Einlageschuld hatte der Beklagte wenige Tage vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss auf das Geschäftskonto der GmbH eingezahlt. Dieses wurde zu dieser Zeit – bei geduldeter Überziehung – im Debet geführt und wies am Tag vor der Einzahlung einen Saldo von 1452978 DM zu Lasten der GmbH auf, der entsprechend vermindert wurde. Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte habe seine Einlageschuld durch die genannte Zahlung nicht ordnungsgemäß erfüllt. Der BGH gab der Klage statt und verurteilte den Kläger – anders als die Vorinstanzen – antragsgemäß.
Entscheidung
Durch die – unstreitige – Überweisung des Betrags am 19.12.1996 und die entsprechende Gutschrift auf dem im Debet geführten Kreditkonto der GmbH am selben Tage ist die Einlageschuld des Beklagten nicht getilgt worden. Da die Zahlung bewirkt wurde, bevor der Beklagte als Alleingesellschafter die Kapitalerhöhung beschlossen hat, handelt es sich um eine "Zahlung auf künftige Einlageschuld". Diese hat nur dann schuldtilgende Wirkung, wenn der eingezahlte Betrag im Zeitpunkt des Erhöhungsbeschlusses als solcher noch im Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist. Erfüllt ist diese Voraussetzung, wenn der geschuldete Betrag sich entweder in der Kasse der Gesellschaft befindet oder wenn der Gesellschafter auf ein Konto der Gesellschaft einzahlt und dieses anschließend und fortdauernd bis zur Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ein Guthaben in entsprechender Höhe ausweist. Es reicht dagegen nicht aus, dass der Überweisungsbetrag mit Schulden der Gesellschaft verrechnet wird; das gilt selbst dann, wenn das Kreditinstitut eine erneute Verfügung über das Kreditkonto in entsprechender Höhe gestattet.
Ist eine Bareinlage vereinbart, kann der geschuldete Betrag grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses eingezahlt werden. Vorher an die Gesellschaft erbrachte Geldleistungen werden nach dem Kapitalaufbringungssystem des GmbHG grundsätzlich nicht als Zahlungen auf die geschuldete Bareinlage anerkannt. Anderenfalls wäre die gesetzgeberische Intention, eine transparente und zweifelsfreie Erfüllung der Einlageverpflichtungen zu erreichen, und so nachvollziehbar für die Stärkung der Liquidität der Gesellschaft zu sorgen, nicht zu erreichen.
Praxishinweis
Vorsätzlich falsche Angaben des Gesellschafters oder des Geschäftsführers gegenüber dem Registergericht im Zusammenhang mit der Kapitalerbringung bzw. -erhöhung sind als Gründungs- bzw. Kapitalerhöhungsschwindel nach § 82 Abs. 1 GmbHG strafbar. Abzustellen ist hierbei immer auf die Verhältnisse an dem Tag, an dem die entsprechende Anmeldung bei dem Gericht eingeht.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 15.3.2004, II ZR 210/01