Prof. Dr. Josep Ferrer Riba
Rz. 31
Das katalanische Recht unterscheidet zwischen der Zuweisung der elterlichen Sorge (potestat parental) und der Zuweisung des Rechts und der Pflicht, mit dem Kind zusammenzuleben und seinen Wohnsitz festzusetzen (guarda). Als Grundregel üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus. Der Regelfall der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge wird sowohl beim Zusammenleben als auch beim Getrenntleben der Eltern angewandt und hängt nicht davon ab, ob die Eltern verheiratet sind oder waren oder zu irgendeinem Zeitpunkt zusammengelebt hatten (Art. 236–11 und Art. 236–17 Abs. 2 CCCat). Dennoch können die Eltern vereinbaren, dass die elterliche Sorge nur von einem Elternteil oder so ausgeübt wird, wie es am Zweckmäßigsten ist. Ebenso kann der Richter auch die elterliche Sorge einem Elternteil einzeln zusprechen, falls dies eher im Interesse des Kindes ist (Art. 236–10 CCCat).
Rz. 32
Leben die Eltern getrennt, müssen sie im Falle der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge vereinbaren, ob das Kind immer nur mit einem der Elternteile zusammenleben oder ob es abwechselnd bei beiden Eltern leben wird. Falls die Entscheidung in einem Trennungs- oder Scheidungsverfahren oder in einem Prozess getroffen wird, durch den die Trennungsfolgen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft festgesetzt werden, dann verlangt das Gesetz, das die Eltern einen Elternschaftsplan (pla de parentalitat) vorlegen, in dem die Art und Weise festgelegt wird, in der beide Elternteile ihre elterlichen Pflichten ausüben wollen (Art. 233–2 Abs. 2 lit. a und Art. 233–9 CCCat). Können die Elternteile sich nicht einigen, so muss jeder Elternteil getrennt dem Richter seinen Vorschlag für diesen Elternschaftsplan vorlegen (Art. 233–8 Abs. 2 CCCat). In diesem Fall schreibt das Gesetz vor, dass der Richter über die Art und Weise entscheidet, in der das Kind mit den Eltern zusammenleben wird, wobei dem Zusammenleben mit beiden Elternteile der Vorrang eingeräumt wird (Art. 233–10 Abs. 2 CCCat). Das führt dazu, dass der Richter schließlich eine alternierende Obhut beider Elternteile über die Kinder auf irgendeine Art und Weise festlegen muss. Dennoch kann der Richter anordnen, dass das Zusammenleben nur mit einem der beiden Elternteile erfolgt, falls dies eher im Interesse des Kindes ist. In diesem Fall hat der andere Elternteil nur Anspruch auf Umgangsrecht. Das Gesetz enthält eine Reihe von Kriterien, die der Richter bei seiner Entscheidung zu bedenken hat, ob das Kind alternierend mit beiden Elternteilen zusammenleben soll oder nur mit einem der beiden Elternteile (Art. 233–11 CCCat).
Rz. 33
Der Grundsatz der gemeinsamen elterlichen Sorge ist mit der individuellen Ermächtigung jedes einzelnen Ehegatten verbunden, die Handlungen vorzunehmen, die aufgrund der Familienumstände und der sozialen Gewohnheiten von einem Ehegatten allein erledigt werden. Im Falle von Geschäften vermögensrechtlicher Natur vermutet das Gesetz, dass jeder Ehegatte im Bereich der gewöhnlichen Verwaltung mit Einwilligung des anderen handelt. Handelt es sich dagegen um Geschäfte außergewöhnlicher Verwaltung (d.h. Veräußerung oder Belastung einer Sache), so verlangt das Gesetz das gemeinsame Vorgehen beider Ehegatten oder das individuelle Handeln eines Ehegatten mit dem ausdrücklichen Einverständnis des anderen (Art. 236–8 Abs. 2 CCCat).