Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 Abs. 1 WEG, § 133 BGB, § 19 GBO
Kommentar
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat sich in zwei Leitsätzen mit einer in den Kaufverträgen der Ersterwerber vereinbarten Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung durch den Bauträgerveräußerer befasst und entschieden:
a) Der Alleineigentümer verliert die Befugnis zu einseitiger Änderung der Teilungserklärung nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung für den ersten Erwerber eines Wohnungseigentums.
b) Eine Vollmacht in einem Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung, durch die der Erwerber den Veräußerer bevollmächtigt, die Teilungserklärung zu ändern, solange "dem Käufer keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt werden, sein Sondereigentum unangetastet bleibt und die Benutzung des Gemeinschaftseigentums nicht eingeschränkt wird", ist für eine Eintragung in das Grundbuch keine geeignete Grundlage.
zu 1. a):
2. Ein Alleineigentümer verliert die Befugnis zur einseitigen Änderung einer Teilungserklärung und auch Gemeinschaftsordnung bereits mit Eintragung einer Auflassungsvormerkung für den ersten Erwerber eines Wohnungseigentums; ab diesem Zeitpunkt ist die Zustimmung der Berechtigten einer solchen Auflassungsvormerkung erforderlich (h. M.).
Mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher und Eintragung einer Auflassungsvormerkung für den ersten Erwerber kann, obwohl Eigentümer aller Wohnungseigentumsrechte noch der teilende Grundstückseigentümer ist, eine faktische Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden sein, wenn außerdem Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr auf den Erwerber übergegangen sind. Das Bestehen einer faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft kann aber nicht Voraussetzung für die gegenüber dem Grundbuchamt erforderliche Zustimmung des Berechtigten einer Auflassungsvormerkung für eine Änderung der Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung sein, weil dem Grundbuchamt in dem durch die Beweismittelbeschränkung geprägten Eintragungsverfahren (vgl. § 29 GBO) die Voraussetzungen für den Übergang von Besitz, Nutzungen und Gefahr in aller Regel nicht nachgewiesen werden können. Abgestellt werden kann daher nur auf die Eintragung einer Auflassungsvormerkung; insoweit schränkt der Senat seine bisherige Rechtsprechung ein.
Abzustellen ist im vorliegenden Fall nicht auf die grundsätzliche Bestimmung des § 888 BGB. In aller Regel kann nämlich eine Wohnungseigentümergemeinschaft nur funktionieren, wenn die Regelungen der Gemeinschaftsordnung wegen ihres satzungsähnlichen Charakters für alle Wohnungseigentümer einheitlich gelten. Dies zwingt dazu, eine Änderung der Gemeinschaftsordnung, insbesondere durch den teilenden Grundstückseigentümer, der noch als Eigentümer aller Wohnungseigentumsrechte im Grundbuch eingetragen ist, von der Zustimmung aller Vormerkungsberechtigten abhängig zu machen.
Erforderlich ist auch die Bewilligung der Grundpfandrechtsgläubiger (vgl. §§ 877, 876 S. 1 BGB). Unnötig ist die Zustimmung eines Dritten nur, wenn seine dingliche Rechtsstellung durch die Änderung nicht berührt wird. Dabei kommt aber nur eine rechtliche und nicht bloß eine wirtschaftliche Beeinträchtigung in Betracht. Gleiche Überlegungen gelten in formeller Hinsicht für Grundbucheintragungen (vgl. § 19 GBO). Ist nach materiellem Recht für die Rechtsänderung die Zustimmung des Drittberechtigten notwendig, so ist auch grundbuchrechtlich seine Eintragungsbewilligung erforderlich (BayObLG, RPfl. 91, 500).
Zu 1. b):
3. Die Bewilligung kann auch von einem Vertreter abgegeben werden (über Vollmacht oder nachträgliche Genehmigung in grundbuchmäßiger Form). Bei Auslegung solcher Vollmachten sind die für Grundbucherklärungen geltenden Grundsätze anzuwenden (objektive Auslegungsgrundsätze). Zusätzlich ist bei der Auslegung zu beachten, dass der das Grundverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen der Auslegung durch das Grundbuchamt Grenzen setzen. Eine Auslegung kommt i. ü. nur dann in Betracht, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt.
Ursprünglich ging im vorliegenden Fall die kaufvertraglich vereinbarte Vollmacht nur auf die Begründung von Sondernutzungsrechten an den vor Erdgeschosswohnungen gelegenen Terrassen- und Gartenflächen. Eine solche Vollmacht rechtfertigt aber nicht eine Änderung der Teilungserklärung dahingehend, dass die Regelung des § 22 Abs. 1 WEG bezüglich der Errichtung von Wintergärten (wie hier durch Änderung der Gemeinschaftsordnung vom Bauträger beabsichtigt) abbedungen wird. Die im oben zitierten zweiten Leitsatz angesprochene Vollmachtsvereinbarung widerspricht deshalb dem das Grundbuchverfahren beherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz, führt i. ü. auch im Rahmen einer Auslegung nicht zu zweifelsfreiem und eindeutigem Ergebnis. Kostenfolgen hinsichtlich der Herstellungskosten sind nicht geregelt, auch unbestimmte Rechtsbegriffe wie "unangetastet" oder "solange die Benutzung des Gemeinschaftseigentums nicht eingeschränkt wird" sind nich...