Leitsatz

Keine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels selbst bei einer aus Altbau und Neubau bestehenden Wohnungseigentumsanlage und hohen Sanierungskosten im Altbau (Hausschwamm)

 

Normenkette

(§ 16 Abs. 2 WEG; , § 242 BGB)

 

Kommentar

  1. Mangels abweichender Vereinbarung gilt auch in einer Gemeinschaft mit Alt- und Neubau zur Kostenverteilung § 16 Abs. 2 WEG (Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen). Daran ändert auch nichts der Umstand einer jahrelangen abweichenden Übung. Im vorliegenden Fall fehlen die Voraussetzungen für eine gerichtliche Neufestsetzung des Kostenverteilungsschlüssels z. B. wegen Veränderung der Geschäftsgrundlage oder grober Unbilligkeit. Vorliegend ist auch das Verhältnis zwischen dem Wohnflächenanteil der Neubaueigentümer von 1/3 und ihrer Kostentragungspflicht von ½ nicht derart gravierend, dass sich daraus eine grobe Unbilligkeit ergibt; es fehlt an einem vergleichbar deutlichen Missverhältnis. Gegen die Unbilligkeit spricht auch, dass der Verteilerschlüssel dem jeweiligen Eigentümer aus der Teilungserklärung von Anfang an bekannt war. Auch der Umstand, dass die Eigentümer im Neubau für ihre Wohnungen einen höheren qm-Preis zahlen mussten, ändert nichts an diesem Ergebnis. Bei Erwerb einer Wohnung konnte sich ein jeder Eigentümer über den geltenden Kostenverteilungsschlüssel informieren und sich auch darauf einstellen.
  2. Ein Anspruch auf Änderung der gesetzlichen Kostenverteilung besteht allenfalls, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an dem geltenden Schlüssel als grob unbillig und damit gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (h. M.). Eine gesetzliche oder vereinbarte Regelung kann ausnahmsweise dann korrigiert werden, wenn sie sich im Zusammenleben der Wohnungseigentümer als von Anfang an verfehlt oder unzweckmäßig erweist, etwa weil zu wenig auf die Besonderheiten der jeweiligen Gemeinschaft abgestellt wurde. Von einem groben Missverhältnis konnte jedoch im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. Die Schwelle zu grober Unbilligkeit war nicht überschritten.

    Allein aus Billigkeitserwägungen kann nicht der Rechtsgrundsatz verlassen werden, dass einmal Vereinbartes grundsätzlich bindet. Sämtliche Eigentümer waren hier rechtlich an einer Gesamtanlage beteiligt, die aus Altbau und Neubau besteht; von Anfang an mussten damit die Eigentümer auch rechnen, bei angefallenen Sanierungen im Altbau in Anspruch genommen zu werden (vgl. auch OLG Köln, WuM 1998, 174). Selbst wenn später aufgrund des Befalls des Altbaus mit Hausschwamm ein besonders hoher Sanierungsbedarf entstand, rechtfertigt dies keine Abweichung von der getroffenen Kostenverteilungsregelung.

  3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in III. Instanz bei Geschäftswert bis zu 60.000 DM (30.677,51 EUR).
 

Link zur Entscheidung

(OLG Hamm, Beschluss vom 09.09.2002, 15 W 235/00)

Anmerkung

Vgl. zur Problematik "Anspruch auf Zustimmung zur Änderung der Gemeinschaftsordnung" auch Vortrag Deckert, "Fischen 2001", PiG 2002, Band 63, S. 227 ff.

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