Leitsatz
Die Mutter von drei nicht ehelich geborenen minderjährigen Kindern übte das Sorgerecht für sie zunächst alleine aus. Im Jahre 1999 zog sie zum Kindesvater, der im Haus seiner Eltern eine Wohnung innehatte. Die Eltern des Kindesvaters, insbesondere die Großmutter, kümmerten sich in den Folgejahren im großen Umfang um die Kinder. Seit Mai 2003 erhielt die Kindesmutter Hilfe zur Erziehung durch das Jugendamt des Landkreises. Es kam zu erheblichen Konflikten zum einen zwischen den Kindeseltern, zum anderen aber auch zwischen der Kindesmutter und den Großeltern. Die Kindesmutter hatte Schwierigkeiten, sich angemessen um ihre Kinder zu kümmern und den Haushalt zu versorgen. Seit Beginn des Jahres 2006 sah die Großmutter sich nicht mehr in der Lage, die Betreuung der Kinder im vorherigen Umfang wahrzunehmen.
Bei einem Hausbesuch des Jugendamtes am 10.1.2006 wies die Wohnung der Kindesmutter einen kaum noch nutzbaren Zustand auf, da überall Berge von Spielsachen, Kleidung, Kartons usw. aufgestapelt waren. Medikamente lagen herum und waren für die Kinder frei zugänglich.
Aufgrund dessen hat das Jugendamt die drei Kinder am 12.1.2006 aus dem Haushalt der Mutter herausgenommen und sie anderweitig untergebracht. Mit Schriftsatz vom selben Tage wurde beantragt, das Sorgerecht für die drei Kinder in den Teilen Aufenthaltsbestimmungsrecht, Antragsrecht nach KJHK und Gesundheitsfürsorge der Kindesmutter zu entziehen und auf das Jugendamt zu übertragen.
Das AG entschied am Tage des Antragseingangs antragsgemäß und ordnete darüber hinaus eine Pflegschaft durch das Jugendamt an.
Nur kurze Zeit später beantragte der Kindesvater, ihm das Sorgerecht für die drei Kinder zu übertragen. Er räumte ein, sich in der Vergangenheit um die Kinder nicht besonders gekümmert zu haben, sei aber nunmehr bereit, sich für sie einzusetzen, nachdem ihm bewusst geworden sei, dass die Kindesmutter hierzu nicht in der Lage sei.
Das AG hat das Gutachten einer Sachverständigen eingeholt, die zu dem Ergebnis kam, dass beide Eltern nicht in der Lage seien, sich auf die objektiven Kindesinteressen einzustellen. Auch die Erziehungs- und Förderkompetenzen der Mutter seien erheblich eingeschränkt. Eine angemessene und kontinuierliche Betreuung der Kinder könne sie nur eingeschränkt wahrnehmen. Eine Förderung entsprechend ihres Alters und Entwicklungsstandes könne sie auf Dauer nicht gewährleisten. Eine Gefährdung des Kindeswohls sei gegeben. Auch das Erziehungsverhalten des Vaters sei aufgrund seiner eingeschränkten kognitiven und emotionalen Kompetenzen insgesamt nicht adäquat.
Alle drei Kinder wiesen Entwicklungsrückstände und Verhaltensauffälligkeiten auf. Im Ergebnis ging die Sachverständige davon aus, dass eine Gefährdung des Kindeswohls zu befürchten sei, wenn der Aufenthalt der Kinder entweder bei der Mutter oder bei dem Vater bestimmt würde.
Mit ihrer Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss verfolgte die Kindesmutter den Antrag, ihr das Sorgerecht in vollem Umfang zurückzuübertragen. Sie hatte zwischenzeitlich im Juli 2007 einen weiteren Sohn geboren und vertrat die Auffassung, angesichts des Ernährungs- und Pflegezustandes der Kinder beständen keine Anhaltspunkte für deren Vernachlässigung. Im Übrigen habe sich ihre Wohnungssituation mit Hilfe eines Betreuers inzwischen vollständig geändert und stabilisiert. Sie sei auch bereit, die durch das Jugendamt angebotene Familienhilfe wahrzunehmen.
Der Kindesvater stellte sich gegen den Antrag der Kindesmutter.
Alle drei Kinder waren inzwischen zusammen in einer Pflegefamilie untergebracht. Die Kindeseltern hatten abwechselnd an den Wochenende Umgang mit ihnen, der Kindervater mit Übernachtung, die Kindesmutter nur vier Stunden ohne Übernachtung.
Das Rechtsmittel der Mutter hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Ebenso wie das AG hielt auch das OLG die teilweise Entziehung des Sorgerechts für die drei betroffenen Kinder gemäß § 1666 BGB für geboten.
Bei der Prüfung der Frage, ob dem Sorgeberechtigten die elterliche Sorge bzw. ein Teil davon entzogen werden müsse, komme es nicht darauf an, ob die Kindesmutter - gemessen an den Fähigkeiten der Kinder - in der Lage sei, eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten, da die Eltern und deren sozioökonomische Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes zählten.
Maßstab für die zu treffende Entscheidung sei das Wohl der Kinder, also der umfassende Schutz des in der Entwicklung befindlichen jungen Menschen. Eine Gefährdung des Kindeswohls sei dann anzunehmen, wenn die begründete gegenwärtige Besorgnis bestehe, dass bei Nichteingreifen des Gerichts das Kindeswohl beeinträchtigt würde.
Erforderlich sei der Eintritt eines sich mit einiger Sicherheit abzeichnenden Schadens, eine nur zukünftig drohende Gefahr genüge nicht (BGH, FamRZ 1996, 1031; OLG Hamm FamRZ 2006, 359).
Es sei eine Abwägung sämtlicher Umstände unter Berücksichtigung der Anlagen und des Verhaltens der betroffenen Kinder vorzunehmen. Eine be...