Leitsatz
Aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien war am 3.2.2000 ein gemeinsamer Sohn hervorgegangen. Die Mutter war allein sorgeberechtigt, eine gemeinsame Sorgeerklärung hatten die Eltern nicht abgegeben.
Nach Angaben des Kindesvaters lebten die Parteien seit Mitte 2001 dauerhaft getrennt. Im Juni 2005 beantragte er beim FamG, ihm die alleinige elterliche Sorge, hilfsweise die gemeinschaftliche Sorge für den Sohn zu übertragen. Hintergrund dessen war, dass die Kindesmutter wegen ihres Umzuges den Sohn am 3.5.2005 vorübergehend zu dem Kindesvater gebracht hatte, wo er sich im Anschluss daran mehrere Wochen lang aufhielt.
Am 5.6.2005 wollte sie den Sohn beim Kindesvater abholen. Sie nahm dann hiervon Abstand, weil er gerade an einer Kindergeburtstagsfeier teilnahm und nicht mit ihr mitkommen wollte.
Im Anschluss hieran begehrte der Kindesvater die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für den Sohn auf sich. Das FamG hat zunächst durch Beschluss vom 21.6.2005 im Wege der einstweiligen Anordnung der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn entzogen, den Kindesvater zum Ergänzungspfleger bestellt und ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Nach Anhörung aller Beteiligten hat es diesen Beschluss aufgehoben und den Antrag des Kindesvaters abgelehnt mit der Begründung, die Voraussetzungen für einen Eingriff in das Elternrecht der Kindesmutter lägen nicht mehr vor.
Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Kindesvaters, die keinen Erfolg hatte.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde des Kindesvaters für unzulässig. Ihm stehe gegen die Entscheidung des FamG, der allein sorgeberechtigten Kindesmutter die elterliche Sorge nicht nach § 1666 BGB zu entziehen, kein Beschwerderecht zu.
Ein Beschwerderecht des Kindesvaters ergebe sich weder aus § 57 Abs. 1 Nr. 8 und 9 FGG noch daraus, dass er durch die Entscheidung des FamG in einem Recht gem. Art. 20 FGG betroffen sei.
Maßgeblich für die Betroffenheit in einem Recht nach § 20 FGG sei zunächst nicht die Bezeichnung in dem angefochtenen Beschluss als Beteiligter, da das Gesetz an diese Bezeichnung keine Beschwerdebefugnis knüpfe.
Eine rechtliche Betroffenheit des Kindesvaters i.S.d. § 20 FGG folge auch nicht aus § 1626a BGB, da die Eltern eine gemeinsame Sorgeerklärung nicht abgegeben hätten.
Auch aus dem Überprüfungsauftrag, den das BVerfG dem Gesetzgeber erteilt habe, lasse sich ein Beschwerderecht des Vaters nicht herleiten. Das BVerfG habe dem Gesetzgeber weder eine Frist zur Überprüfung gesetzt noch eine Anordnung für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs getroffen (BVerfG v. 29.1.2003 - 1 BvL 20/99 S. 959).
Eine rechtliche Betroffenheit des Kindesvaters i.S.d. § 20 FGG lasse sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass er vorübergehend zum Aufenthaltsbestimmungspfleger für sein Kind bestellt worden war. Gegen die Aufhebung der Pflegschaft habe der Pfleger als solcher kein Beschwerderecht im eigenen Namen. Der Beschwerdeführer berufe sich dabei zu Unrecht auf den Vergleich mit einem Verfahrenspfleger. Während das Amt eines Verfahrenspflegers nach § 50 Abs. 4 Nr. 1 FGG erst mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung ende, sei das Amt des Kindesvaters als Aufenthaltsbestimmungspfleger mit der Aufhebung der einstweiligen Anordnung des FamG beendet gewesen. Gegen die Aufhebung der Pflegschaft habe zwar nach § 57 Nr. 3 FGG jeder ein Beschwerderecht, der ein rechtliches Interesse an der Änderung der Aufhebung habe. Im vorliegenden Fall sei es dem Kindesvaters jedoch nicht um Rechte aus seiner zwischenzeitlichen Position als Ergänzungspfleger, sondern um einen Anspruch auf Übertragung der elterlichen Sorge als Kindesvater gegangen.
Auch aus § 1672 Abs. 1 BGB folge kein Beschwerderecht des Kindesvaters, ebenso wenig ergebe sich ein solches aus § 1680 Abs. 3 BGB.
Der Beschwerdeführer habe als nicht sorgeberechtigter Vater auch kein allgemeines Antrags- oder Beschwerderecht in Verfahren nach § 1666 BGB. Ein solches Beschwerderecht stünde noch weniger als ein Überprüfungsrecht nach § 1672 BGB in Bezug zu der besonderen Rolle des Kindesvaters, der nach § 1626a Abs. 2 BGB nicht sorgeberechtigt sei. § 1666 BGB ziele nicht auf den Ausgleich der elterlichen Rechte in Konfliktsituationen zwischen den Eltern ab, sondern ziehe vielmehr eine Grenze für Eingriffe des Staates in das Recht der Eltern und bestimme, unter welchen Voraussetzungen der Staat seinem Wächteramt aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG nachkommen müsse.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 10.04.2006, 6 UF 190/05