Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 16 Abs. 3 WEG, § 21 Abs. 2 WEG, § 22 Abs. 1 WEG
Kommentar
Eine Gemeinschaft hatte beschlossen, die bisher mit Öl betriebene Heizungsanlage zu erneuern, und zwar in Form einer Anlage, die wahlweise mit Heizöl oder Erdgas betrieben werden könnte. Der diesen Beschluss anfechtende Antragsteller sprach sich gegen die Möglichkeit einer Mehrheitsbeschlussfassung angesichts der erhöhten Investitionskosten und der zusätzlichen laufenden Anschluss- und Versicherungskosten aus, weiterhin äußerte er Bedenken gegen die verbesserte Wirtschaftlichkeit und sprach auch die nicht auszuschließenden Explosionsgefahren an.
Das BayObLG ließ die Frage, ob es sich bei der beschlossenen Maßnahme um eine solche der Instandhaltung und Instandsetzung handele, offen, bestätigte allerdings die Auffassung der Vorinstanzen, dass auch die Beschaffung von Ersatz in verbessertem, modernem Standard zu einer Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahme im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG gehören könne, wobei auch Kriterien der Funktionsfähigkeit einer alten Anlage, finanzielle Auswirkungen unter Berücksichtigung sowohl der Investitionskosten wie auch der zu erwartenden laufenden Kosten und andere Gründe eine Rolle spielten (künftige Bedarfssicherung, anerkannte Verbesserung/Modernisierung).
Das Gericht gelangte dann zu dem Ergebnis, dass es sich im vorliegenden Fall um eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums handelte, in diesem Fall jedoch die Ausnahme des § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG eingreife. Widersprechende Eigentümer würden durch die nur mehrheitlich beschlossene Maßnahme keinen Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG erleiden und müssten deshalb die Umstellung der Heizanlage dulden.
Kein Nachteil sei insbesondere die teure Anschaffung, da hier nach § 16 Abs. 3, Halbsatz 2 WEG widersprechende Eigentümer nicht mit anteiligen Kosten belastet werden könnten. § 16 Abs. 3, Halbsatz 2 WEG bleibe auch anwendbar, selbst wenn widersprechenden Eigentümern Vorteile zugute kämen. Ein anderes Ergebnis würde bedeuten, dass Wohnungseigentümer verbessernde bauliche Veränderungen, obwohl sie anderen Eigentümern keinerlei Nachteile brächten, auch nicht auf eigene Kosten vornehmen dürften. Auch eine nicht ganz auszuschließende Explosionsgefahr könne nicht als Nachteil gewertet werden. Bei der Frage der Duldungspflicht könne nicht auf rein subjektives Empfinden eines Wohnungseigentümers abgestellt werden. Vielmehr sei maßgebend, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der betreffenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen könnte, was hier nicht der Fall war.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 04.12.1986, BReg 2 Z 40/86)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Die Entscheidung wird in ihrer Begründung der gestellten Problematik m. E. nicht voll und ganz gerecht. Das BayObLG hätte sich in dieser Grenzfrage zwischen ordnungsgemäßer Verwaltung und baulicher Veränderung (modernisierende Instandsetzung) eindeutig entscheiden müssen. Bedauerlicherweise wurde auch die frühere "Rauchgasklappen-Entscheidung" des Senats mit ähnlicher Fallproblematik nicht angesprochen, obwohl sich dies angeboten hätte. Die dortige interessante Rechtsbegründung führte letztendlich doch zu einer Kostenmithaftung des widersprechenden Eigentümers aus Grundsätzen des ungerechtfertigten Bereicherungsrechts.
Es ist nicht zu verkennen, dass vernünftige Modernisierungen auch als bauliche Veränderungen oftmals am Veto-Recht eines einzelnen Eigentümers scheitern könnten. Dieses Problem stellt sich z. B. auch heute sehr häufig bei den aktuellen Fernsehkabelanschluss-Initiativen. Änderungswillige Eigentümer könnten allerdings in einem Beschluss bei erwarteten Widerständen deutlich vereinbaren und dies auch ausdrücklich zur Grundlage eines Beschlusses machen, dass eben nur änderungswillige Eigentümer Investitionskosten finanzieren müßten. Ungerechtigkeiten könnten erneut über Grundsätze des ungerechtfertigten Bereicherungsrechts ausgeglichen werden.
In der jetzigen Entscheidung übersieht m.E. das BayObLG auch die "Rangproblematik" des § 16 Abs. 3 WEG zur Bindungswirkung von Mehrheitsbeschlüssen nach § 10 Abs. 4 WEG. Ist ein baulicher Änderungsbeschluss nur mehrheitlich gefasst und wird dieser bestandskräftig, müssen m. E. Investitionskosten auf der Grundlage eines solchen Beschlusses auf alle Eigentümer umgelegt werden, wenn der Beschluss selbst nicht entsprechende Ausnahmen festlegt. Widersprechende Eigentümer können sich hier mangels Anfechtung nicht -nachträglich- auf § 16 Abs. 3 WEG berufen, da insoweit § 10 Abs. 4 WEG m.E. als vorrangig zu betrachten ist (sicher strittig).