Leitsatz
Eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 1 der 6. EG-Richtlinie und infolgedessen als Nichtsteuerpflichtiger Investitionsgüter erwirbt und diese später als Steuerpflichtiger veräußert, hat im Rahmen dieses Verkaufs kein Recht auf Berichtigung nach Art. 20 dieser Richtlinie, um die beim Erwerb dieser Güter entrichtete Mehrwertsteuer in Abzug zu bringen.
Problematik
Eine niederländische Einrichtung des öffentlichen Rechts zur wasserwirtschaftlichen Versorgung eines Gebiets war im Rahmen der öffentlichen Gewalt und damit nicht unternehmerisch tätig. Die bei der Errichtung einer Kläranlage im Jahr 1990 anfallenden Vorsteuerbeträge konnte sie daher nicht abziehen. Ab 1993 nutzte sie die Kläranlage zur Verarbeitung der anfallenden Schlämme. Dabei war sie nach dem EuGH-Urteil offenbar unternehmerisch tätig. 1994 verkaufte sie die Anlage an eine Umweltstiftung. Im selben Jahr beantragte sie die Erstattung eines anteiligen Vorsteuerbetrags aus der Anschaffung der Anlage im Weg der Vorsteuerberichtigung (Art. 20 der 6. EG-Richtlinie). Die Sache wurde dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, der den Anspruch verneinte (s. Leitsatz).
Konsequenzen für die Praxis
Es ging in diesem Fall zwar um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die als Nichtsteuerpflichtiger kein Vorsteuerabzugsrecht bei Anschaffungen für ihre Investitionen zu öffentlich-rechtlichen Zwecken hat (nach dem UStG: eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die nach § 2 Abs. 3 UStG Nichtunternehmer ist). Später wurde sie durch wirtschaftliche Tätigkeit zum Unternehmer und veräußerte als solcher den Investitionsgegenstand steuerpflichtig.
Wie der EuGH deutlich machte, gilt insoweit nichts anderes als bei Privatpersonen, die z. B. einen Pkw zur Privatnutzung ohne Recht auf Vorsteuerabzug anschaffen, später unternehmerisch tätig werden und den Pkw diesem Unternehmen nachträglich zuordnen. Diese spätere Einlage berechtigt weder zum Vorsteuerabzug noch zur Vorsteuerberichtigung, mit der anteilig der ursprünglich nicht mögliche Vorsteuerabzug nachgeholt werden könnte. Das Recht auf Vorsteuerabzug hat nur der, der bei Erwerb "als Steuerpflichtiger/Unternehmer" handelt. Dafür kann auch die Absicht auf (erstmalige) unternehmerische Verwendung des Gegenstands ausreichen. Der spätere Wechsel "zum Unternehmer" begründet kein nachträgliches Abzugsrecht.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil v. 2.6.2005, Rs. C-378/02 – Waterschap Zeeuws Vlaanderen –, BFH/NV Beilage 2005 S. 323.