Leitsatz
Nach einem die niederländische Vermögensteuer betreffenden Urteil hat der EuGH einen Verstoß gegen EG-Recht verneint, wenn einem beschränkt Steuerpflichtigen ein allgemeiner Freibetrag, der unbeschränkt Steuerpflichtigen zusteht, versagt wird. Der Steuerpflichtige war in Deutschland ansässig und hatte unbewegliches Vermögen in den Niederlanden, das nur 10 % seines Gesamtvermögens ausmachte. In Deutschland wurde im fraglichen Zeitraum keine Vermögensteuer mehr erhoben.
Sachverhalt
Nach Auffassung des EuGH unterliegt die Investition zwar den Bestimmungen der Art. 56ff. EG über den freien Kapitalverkehr; eine Diskriminierung ist aber zu verneinen, weil der Steuerpflichtige sich nicht in derselben Lage befindet wie eine in den Niederlanden unbeschränkt steuerpflichtige Person. In derselben Lage würde er sich nur befinden, wenn mindestens 90 % seines weltweiten Vermögens der niederländischen Besteuerung unterläge. Das Gericht nimmt damit Bezug auf die Rechtslage bei der Einkommensteuer (EuGH, Urteil v. 14.2.1995, C-279/93, Schumacker). Dass der Steuerpflichtige in Deutschland keinen Freibetrag in Anspruch nehmen konnte, weil keine Vermögensteuer erhoben wurde, ändert an der Konstellation nichts.
Da nach dem DBA zwischen den Niederlanden und Belgien eine in Belgien ansässige Person ohne weitere Voraussetzungen den Freibetrag beanspruchen konnte, musste sich das Gericht auch zu der Frage äußern, ob auf Grund dieses DBA innerhalb der EU Meistbegünstigung zu gewähren ist. Insoweit hat es einen Verstoß gegen die Art. 56ff. EG aber ebenfalls verneint. Grundsätzlich kann aus der Zuteilung von Besteuerungsrechten nach einem DBA keine Meistbegünstigung hergeleitet werden (EuGH, Urteil v. 12.5.1998, C-336/96, Gilly). Es gibt zwar Situationen, in denen die Vergünstigungen aus einem bilateralen Abkommen auch auf Angehörige eines Mitgliedstaats zu erstrecken sind, der nicht an dem Abkommen beteiligt ist, wie z.B. die Gewährung des Schachtelprivilegs gegenüber Betriebsstätten eines drittstaatlichen Unternehmens (EuGH, Urteil v. 21.9.1999, C-307-307/97, Saint-Gobain). Dies gilt aber nur, wenn es sich um eine Vergünstigung handelt, die von dem übrigen Abkommen losgelöst werden könnte. Das Gericht meint, im Urteilsfall ergäbe sich aus dem Wesen des Abkommens, dass der Freibetrag nur Personen zu gewähren sei, die in einem der Vertragsstaaten ansässig seien. Ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger befände sich deshalb nicht in derselben Lage wie ein in Belgien ansässiger.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil v. 5.7.2005, C- 376/03, D.