Normenkette

§ 42 Abs. 2 ZPO

 

Kommentar

(BayObLG zitiert Wilhelm Busch)

1. In einem nachbarlichen "Klavierspielstreit" hatte im Anhörungstermin eines Schallgutachters der Richter geäußert, dass man nach seiner privaten Erfahrung nicht Klavierspielen könne, ohne dass es einen anderen störe. Diese Äußerung führte zu einem Ablehnungsgesuch der Antragsgegnerseite.

Das BayObLG lehnte die Ablehnungsanträge ab und entschied auf Unbegründetheit der Rechtsmittel. Unter Hinweis auf § 42 Abs. 2 ZPO wurde festgestellt, dass die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit dann stattfinde, wenn ein Grund vorliege, der geeignet sei, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen; dabei müsse es sich um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken könne, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Gesuchstellers schieden aus.

2. Im konkreten Fall wurde weiter entschieden, dass die Äußerung eines Richters in der mündlichen Verhandlung, die einem Beteiligten als überzogen, einseitig oder in der Sache unrichtig erscheine, nur bei Hinzutreten weiterer Umstände begründet sei und die Ablehnung des Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit rechtfertige.

Im vorliegenden Fall wurde entschieden, dass niemandem damit gedient sei, wenn Meinungsäußerungen eines Richters in der mündlichen Verhandlung zu Sach- oder Rechtsfragen auf die Goldwaage gelegt würden. Die hier erfolgte Äußerung des Richters mag zwar den Sachverhalt etwas vereinfachen, sie enthalte aber einen wahren Kern. Der Richter habe nichts anderes angesprochen, als Wilhelm Busch mit seinem bekannten Vers "Musik wird oft nicht schön empfunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden" (aus "Dideldum" 1874). Auf keinen Fall rechtfertigten die Äußerungen des Amtsrichters bei Beachtung obiger Grundsätze die Befürchtung, er sei für Argumente der Antragsgegner nicht mehr offen oder stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber; dies sei schon angesichts der Sorgfalt erkenntlich, mit der der Richter die Beweisaufnahme durchgeführt habe.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 16.05.1991, BReg 2 Z 53/91)

zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

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