Leitsatz
Der Kläger ist Vater eines minderjährigen Kindes, zu dessen Gunsten er sich in einer Jugendamtsurkunde vom 18.3.2004 zur Zahlung von Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 114 % der ersten Altersstufe nach der RegelbetragsVO abzüglich anrechenbaren Kindergeldanteils verpflichtet hatte.
Er begehrte PKH für die von ihm beabsichtigte Abänderungsklage mit dem Ziel der Reduzierung des von ihm zu leistenden Kindesunterhalts. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, dass er wegen einer schwerwiegenden Krebserkrankung seit Dezember 2005 nur noch eine Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. 860,66 EUR sowie zusätzlich 350,00 EUR aus geringfügiger Erwerbstätigkeit beziehe. Diesen Einkünften ständen monatliche Fahrtkosten i.H.v. 520,00 EUR für Fahrten zu seiner 520 km entfernt wohnenden Ehefrau gegenüber, die ihrerseits lediglich 1.200,00 EUR monatlich erziele.
Das erstinstanzliche Gericht hat dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert und darauf verwiesen, die in Ansatz gebrachten Fahrtkosten seien unverhältnismäßig hoch. Dem Kläger sei zudem zuzumuten, mit seiner Ehefrau einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen.
Hiergegen legte der Kläger sofortige Beschwerde ein und machte geltend, dass Fahrten mit der Bahn Kosten i.H.v. monatlich 420,00 EUR verursachten, wobei ihm eine Bahnreise mit einer Dauer von 7 1/2 bis 8 Stunden und der Notwendigkeit mehrmaligen Umsteigens wegen seiner Erkrankung nicht zuzumuten sei. Ein Umzug zum Wohnort seiner Ehefrau sei ihm wegen seiner Erkrankung und der notwendigen medizinischen Betreuung durch die Ärzte seines Vertrauens vor Ort nicht zuzumuten. Außerdem würde ein Umzug die Umgangskontakte zu seinem Sohn, dem Beklagten, wegen der Entfernung unmöglich machen.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Auch das OLG sah für das beabsichtigte Klageverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, der Kläger könne sich unter Berücksichtigung des ihm zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens von 1.210,66 EUR nicht auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Bei Leistung des geforderten Kindesunterhalts i.H.v. 125,00 EUR bleibe sein Einkommen weder unter dem für Berufstätige geltenden Selbstbehalt von 900,00 EUR noch unter dem Selbstbehalt für Nichtberufstätige i.H.v. 770,00 EUR.
Ggü. dem Beklagten als minderjährigem Kind gelte eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Zur Sicherung des angemessenen Unterhalts seines minderjährigen Kindes bis zur Höhe des jeweiligen Regelbedarfs treffe den Kläger als Vater die Pflicht, alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt heranzuziehen, alle Erwerbsobliegenheiten auszuschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf zu nehmen (vgl. statt aller OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.2.2008 - 13 UF 6/07).
Die monatlichen Fahrtkosten zu seiner Ehefrau könnten danach nicht berücksichtigt werden. Es handele sich weder um berufsbedingte Fahrtkosten noch um im Rang vorgehende Unterhaltsverpflichtungen ggü. seiner Ehefrau. Von daher sei der Kläger gehalten, entweder mit der Ehefrau einen gemeinsamen Wohnsitz zu begründen oder die Heimfahrten einzuschränken.
Der Kläger habe nicht dargelegt, dass eine Behandlung seiner Erkrankung nicht auch durch Ärzte am Wohnort der Ehefrau möglich sei. Gleiches gelte für sein Argument, er könne am Wohnort der Ehefrau kein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis finden.
Schließlich könne auch nicht festgestellt werden, dass durch einen Wohnortwechsel an den Wohnort der Ehefrau der Umgang mit dem Kind unmöglich werde. Nach eigenem Vorbringen des Klägers könnten die Besuche mittels Bahnfahrt bewerkstelligt werden. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht vorgetragen, dass die Fahrten nicht mit einem Pkw - und damit in wesentlich kürzerer Fahrzeit - durchgeführt werden könnten.
Hinweis
Die erhöhten Anforderungen bei einer bestehenden gesteigerten Unterhaltspflicht ggü. minderjährigen Kindern haben Auswirkungen nicht nur auf die Verteilung der tatsächlich vorhandenen Mittel, sondern auch im Rahmen unterhaltsrechtlicher Obliegenheiten und beim Selbstbehalt.
Sofern nur auf diese Weise die Unterhaltspflicht erfüllt werden kann, muss der Unterhaltsschuldner auch einen Orts- oder Berufswechsel vornehmen, ist zur Aufnahme von Gelegenheits- und Aushilfsarbeiten verpflichtet und muss notfalls auch Tätigkeiten in einem nicht erlernten Beruf ausüben.
Angesichts der deutlichen Anforderungen in der Rechtsprechung ist die Entscheidung des OLG Saarbrücken konsequent und richtig.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 06.10.2008, 9 WF 8/08