Leitsatz

  1. Formnichtiger Kaufvertrag
  2. Keine Anwendung der Grundsätze eines werdenden Wohnungseigentümers im Falle eines unwirksamen Kaufvertrags; keine Wohngeldzahlungsverpflichtungen
 

Normenkette

(§§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 5 WEG; § 313 BGB a.F.)

 

Kommentar

  1. Das Entstehen einer faktischen Eigentümergemeinschaft setzt voraus, dass die Wohnungsgrundbücher angelegt sind (KG, ZMR 1986, 295), für einen Ersterwerber die Auflassungsvormerkung eingetragen ist und er an "seiner" Wohnung Besitz erlangt hat (h.R.M.). Rechtlich in Vollzug gesetzt ist eine Gemeinschaft dann, wenn die Grundbücher angelegt sind und mindestens zwei Wohnungseigentümer (darunter der teilende Eigentümer) als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind. Zeitlich davor ist die sog. werdende bzw. faktische Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden. Bis zur Eintragung weiterer Eigentümer besteht eine faktische Wohnungseigentümergemeinschaft fort; eine bereits als werdender Wohnungseigentümer erlangte Rechtsstellung geht mit Vollzug der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht verloren.
  2. Gem. § 313 S. 1 BGB a.F. (jetzt: § 311b Abs. 1 BGB n.F.) unterliegen einem Beurkundungserfordernis nicht nur die Verpflichtung zur Übertragung des Wohnungseigentums, sondern alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Parteien zu dem schuldrechtlichen Übereignungsgeschäft gehören (BGH, NJW 1981, 222 und NJW 1983, 563). Auch Nebenabreden, unabhängig von ihrer Gewichtigkeit, bedürfen der Beurkundung, so auch – wie im vorliegenden Fall – die Abrede darüber, wer die Grunderwerbsteuer zu tragen hat. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Parteien den beurkundeten Teil des Vertrags nach ihrem mutmaßlichen Willen auch ohne die mangels Beurkundung nichtige Abrede geschlossen hätten. Hierzu bedarf es tatrichterlicher Würdigung, ob die Vermutung des § 139 BGB nicht durch die Umstände des Falls widerlegt ist. Auch kann im Einzelfall die Berufung auf einen Formmangel treuwidrig im Sinne des § 242 BGB sein. Da zu diesen Fragen noch weitere Feststellungen zu treffen waren, war der Streit an das LG zurückzuverweisen.
  3. Ein Antragsgegner, dem der Schutz des § 313 BGB dient, darf nicht gegen seinen Willen an einem formbedürftigen Geschäft festgehalten werden (Wohngeldzahlungsverpflichtung!). Ohne wirksamen Kaufvertrag wäre keine wirksame Eigentumsverschaffungspflicht und keine wirksame Auflassungsvormerkung anzunehmen; damit wäre auch die Eigenschaft des Antragsgegners als (faktischer) Wohnungseigentümer zu verneinen. Selbst der aufgrund nichtiger Auflassung im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer schuldet der Eigentümergemeinschaft kein Wohngeld (BGH, NJW 1994, 3352; KG, ZMR 2001, 728 = ZWE 2001, 440); erst recht gilt dies für den werdenden Wohnungseigentümer.
 

Link zur Entscheidung

(KG Berlin, Beschluss vom 23.09.2002, 24 W 230/01)

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