Leitsatz
Durch Beschluss des FamG vom 10.10.2008 wurde der Antragsgegnerin für das Scheidungsverfahren, ein einstweiliges Anordnungsverfahren und den Abschluss eines Vergleichs in Scheidungsfolgesachen Prozesskostenhilfe bewilligt. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde die bewilligte Prozesskostenhilfe von der Rechtspflegerin des FamG aufgehoben. Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, der das FamG nicht abgeholfen hat.
Das OLG hielt die Beschwerde für begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufgehoben werden könne, wenn eine Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe (§ 124 Nr. 2 ZPO) oder die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen hätten (§ 124 Nr. 3 ZPO). Das erstinstanzliche Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen erfüllt seien.
Die Antragsgegnerin habe zwar in ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 17.6.2008 unrichtige Angaben gemacht, indem sie die Frage nach vorhandenem Grundvermögen verneint habe, obgleich sie zusammen mit dem Antragsteller Miteigentümer eines Hausanwesens gewesen sei. Dieser Umstand könne jedoch nur dann zur Aufhebung von Prozesskostenhilfe führen, wenn diese der Antragsgegnerin bei richtigen und vollständigen Angaben nicht gewährt worden wäre (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 124 Rz. 3, m.w.N.).
Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Dem FamG sei bekannt gewesen, dass die Antragsgegnerin Miteigentümerin eines Grundstücks gewesen sei, nachdem der Antragsteller dies bereits in der Antragsschrift aufgeführt und das gemeinsame Hausanwesen in dem in der Sitzung vom 10.10.2008 geschlossenen Vergleich erwähnt worden sei. Zudem habe die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vorgetragen, dass etwaige Schulden, die auf dem Haus gelastet hätten, Gegenstand der Erörterungen in der damaligen mündlichen Verhandlung gewesen seien. Unter diesen Umständen beständen auch begründete Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin seinerzeit absichtlich oder infolge grober Nachlässigkeit das Vorhandensein von Grundvermögen verneint habe. Es spreche vielmehr vieles dafür, dass nähere Angaben hierzu von der Antragsgegnerin nicht gemacht worden seien, weil sie der Auffassung war, dass es auf diese Frage nicht ankomme.
Dass diese Annahme nicht unberechtigt gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass für das FamG das Vorhandensein des Grundvermögens kein Anlass gewesen sei, der Antragsgegnerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu verweigern. Aus diesem Grunde komme auch eine Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO nicht in Betracht. Diese Regelung sei nur anwendbar, wenn das FamG in Kenntnis der gesamten Umstände Prozesskostenhilfe bewilligt hätte. Insbesondere solle durch § 124 Nr. 3 ZPO nicht ermöglicht werden, einmal bewilligte Prozesskostenhilfe aufzuheben, weil die der Bewilligung zugrunde gelegten Verhältnisse anders beurteilt würden (Zöller/Philippi, 27. Aufl., § 124 Rz. 13, m.w.N.).
Auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Antragsgegnerin eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 nicht abgegeben habe, lasse sich die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht rechtfertigen. Nach dieser Vorschrift müsse sich die Partei auf Nachfrage des Gerichts darüber erklären, ob sich eine wesentliche Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ergeben habe. Dieser Obliegenheit sei die Antragsgegnerin nachgekommen, indem sie jedenfalls im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hierzu die Erklärung abgegeben habe, dass das Hausanwesen nunmehr für 118.000,00 EUR verkauft werden solle.
Dass die Antragsgegnerin sich gleichzeitig geweigert habe, nähere Ausführungen zu den Belastungen zu machen, stehe der Abgabe einer ordnungsgemäßen Erklärung - jedenfalls derzeit - nicht entgegen. Die Antragsgegnerin als Miteigentümerin des Hausanwesens könne sich zwar nicht darauf berufen, von den Belastungen keine Kenntnis zu haben, da es ihr zuzumuten sei, sich diese zu verschaffen. In der Erklärung, dass der Verkauf erst beabsichtigt sei, sei jedoch gleichzeitig die Auskunft enthalten, dass die Parteien nach wie vor gemeinsam Miteigentümer des Hausanwesens seien, so dass sich diesbezüglich keine Änderungen ggü. den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Prozesskostenhilfebewilligung ergeben hätten.
Das FamG habe die bewilligte Prozesskostenhilfe zu Unrecht aufgehoben. Der angefochtene Beschluss könne daher keinen Bestand haben.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 09.04.2009, 6 WF 37/09