Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aufhebung bewilligter Prozesskostenhilfe bei nur fahrlässig fehlerhaften Angaben zu den Vermögensverhältnissen
Leitsatz (amtlich)
a) § 124 Nr. 3 ZPO eröffnet nicht die Möglichkeit, bewilligte Prozesskostenhilfe aufzuheben, nur weil die der Bewilligung zugrunde gelegten Verhältnisse jetzt anders beurteilt werden.
b) Eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO ist auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erst im Verfahren über die Beschwerde gegen die auf die fehlende Vorlage der Erklärung gestützte Aufhebung der PKH-Bewilligung gem. § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO abgegeben wird.
Normenkette
ZPO § 124 Nrn. 3, 2 Alt. 2, § 120 Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
AG Homburg (Beschluss vom 26.11.2008; Aktenzeichen 9 F 72/08 S) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in Homburg vom 26.11.2008 - 9 F 72/08 S - aufgehoben.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Gründe
I. Durch Beschluss des Familiengerichts vom 10.10.2008 wurde der Antragsgegnerin für das Scheidungsverfahren, ein einstweiliges Anordnungsverfahren und den Abschluss eines Vergleichs in Scheidungsfolgesachen Prozesskostenhilfe bewilligt. In dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und begründet.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann aufgehoben werden, wenn eine Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat (§ 124 Nr. 2 ZPO) oder die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben (§ 124 Nr. 3 ZPO). Das Familiengericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind.
Die Antragsgegnerin hat zwar in ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 17.6.2008 unrichtige Angaben gemacht, indem sie die Frage nach vorhandenem Grundvermögen verneinte, obwohl sie zusammen mit dem Antragsteller Miteigentümerin des Hausanwesens [Straße, Nr.], [Ort], war. Dies kann jedoch nur dann zur Aufhebung von Prozesskostenhilfe führen, wenn diese der Antragsgegnerin bei richtigen und vollständigen Angaben nicht gewährt worden wäre (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 124 Rz. 3, m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, denn dem Familiengericht war bekannt, dass die Antragsgegnerin Miteigentümerin eines Grundstücks war, nachdem der Antragsteller dies bereits in der Antragsschrift ausgeführt und das gemeinsame Hausanwesen in dem in der Sitzung vom 10.10.2008 geschlossenen Vergleich Erwähnung gefunden hatte und zudem die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren vorgetragen hat, dass etwaige Schulden, die auf dem Haus gelastet hätten, Gegenstand der Erörterungen in der damaligen mündlichen Verhandlung gewesen seien. Unter diesen Umständen bestehen auch begründete Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin seinerzeit absichtlich oder infolge grober Nachlässigkeit das Vorhandensein von Grundvermögen verneint hat, da Gegenteiliges bereits vorgetragen war, so dass einiges dafür spricht, dass nähere Angaben hierzu deshalb unterblieben sind, weil die Antragsgegnerin der Meinung war, dass es auf diese Frage nicht angekommen sei.
Dass diese Annahme nicht unberechtigt war, ergibt sich auch daraus, dass für das Familiengericht das Vorhandensein des Grundvermögens kein Anlass war, der Antragsgegnerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu verweigern. Demzufolge kommt auch eine Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO nicht in Betracht, denn diese Regelung ist nicht anwendbar, wenn das Familiengericht in Kenntnis der gesamten Umstände Prozesskostenhilfe bewilligt hat. Insbesondere soll es § 124 Nr. 3 ZPO nicht ermöglichen, einmal bewilligte Prozesskostenhilfe aufzuheben, weil die der Bewilligung zugrunde gelegten Verhältnisse jetzt anders beurteilt werden (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 124 Rz. 13, m.w.N.). So läge der Fall jedoch hier, wenn das Fehlen näherer Angaben über den Wert des Anwesens und der darauf ruhenden Belastungen in der Prozesskostenhilfeerklärung als Grund für die Versagung der Prozesskostenhilfe herangezogen würde, nachdem das Familiengericht dies entweder für unerheblich gehalten oder aber sich auf anderem Wege, etwa durch entsprechende Erörterungen in der mündlichen Verhandlung, die Kenntnis über die maßgeblichen Umstände verschafft hat.
Auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Antragsgegnerin eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 nicht abgegeben hat, lässt sich die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht rechtfertigen. Nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO muss sich die Partei auf Nachfrage des Gerichts darüber erklären, ob sich e...