Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 Abs. 1, 3 WEG
Kommentar
Bestimmt die Gemeinschaftsordnung, dass die gewerbliche Nutzung einer Wohnung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (Befürchtung einer erheblichen Beeinträchtigung des Wohnwertes angrenzender Wohnungen oder der Wohnanlage) von der Eigentümerversammlung untersagt werden kann, so ist Voraussetzung für eine Anrufung der Gerichte, dass zunächst ein entsprechender Untersagungs-Beschluss der Wohnungseigentümer-Versammlung herbeigeführt wurde.
Vorliegend hatten die Eigentümer (nur) den Beschluss gefasst, dass der Verwalter ermächtigt sei, der Antragsgegnerin die Nutzung ihres Eigentums "als Pension bzw. zu pensionsähnlichen Zwecken" zu untersagen und im Falle der Zuwiderhandlung Unterlassungsklage zu erheben. Diesen Beschluss sah das Gericht nicht als ausreichend an, einem entsprechenden Unterlassungsantrag stattzugeben. In richtiger Auslegung der betreffenden Passage in der Gemeinschaftsordnung sei davon auszugehen, dass eine gewerbliche Nutzung grundsätzlich erlaubt sei und ein Anspruch auf Unterlassung nur bestehe, wenn die Versammlung einen entsprechenden Untersagungsbeschluss gefasst habe.
Vor Anrufung der Gerichte müsse ein solches vereinbartes Vorschaltverfahren (Herbeiführung eines Wohnungseigentümer-Beschlusses) durchgeführt werden. Formalismus sei zwar nicht am Platz; allerdings führe ein solcher Untersagungsbeschluss zu einer evtl. Anfechtung oder mangels Anfechtung zur Verpflichtung des betroffenen Eigentümers, sich nach dem Beschluss zu richten, ohne dass es noch darauf ankäme, ob die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten näheren Voraussetzungen vorlägen.
Die beschlussweise erfolgte Ermächtigung des Verwalters zur außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung eines Nutzungsunterlassungsbeschlusses genüge vorliegend nicht.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 09.10.1986, BReg 2 Z 95/86)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Die Entscheidung stellt m.E. in zu wörtlicher Auslegung der Gemeinschaftsordnung unnötigen Formalismus dar. Immerhin wurde durch den ermächtigenden Beschluss dem betreffenden Eigentümer gezeigt, dass die Gemeinschaft mehrheitlich mit der als Störung empfundenen Nutzung nicht mehr einverstanden sei. Dieser Beschluss hätte als notwendiges "Vorschaltverfahren" gewertet werden können. Weigert sich ein Eigentümer bereits in der außergerichtlichen Abmahn-Korrespondenz, die als Störung empfundene Nutzung seines Eigentums aufzugeben, wäre mit Sicherheit auch ein entsprechender Untersagungsbeschluss angefochten worden, sodass dann eben auf anderem Wege, d. h. im Beschlussanfechtungsverfahren die materielle Frage konkreter Störungen entschieden hätte werden müssen. Gleiche Fragen wären auch im Untersagungsantragsverfahren zur Entscheidung angestanden (auf der Grundlage des Antragsermächtigungsbeschlusses, der inhaltlich einem Verlangen der Gemeinschaft auf Unterlassung der gewerblichen Nutzung m.E. gleichgesetzt hätte werden können). Haben im vorliegenden Fall betroffene Eigentümer mit diesem Entscheidungsergebnis nicht nur "Steine statt Brot" erhalten?