Leitsatz
Vereinbart der Erbe mit dem Vermächtnisnehmer anstelle eines eingeräumten Wohnrechts eine Abfindungszahlung und eine monatliche Rente, ohne einen Vorbehalt hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit zu erklären, so ist ihm die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses im Nachhinein versagt.
Sachverhalt
Der Beklagte ist der Adoptivsohn der Erblasserin, die Klägerin war für die Erblasserin seit den 60-er Jahren als Haushälterin tätig und hat diese ab 1967 gepflegt. Die vermögende Erblasserin setzte in ihrem Testament zugunsten der Klägerin mehrere Vermächtnisse aus, u.a. sollte sie eine abgeschlossene Wohnung auf ihrem Grundstück auf Lebenszeit zur Verfügung haben und eine monatliche Geldzahlung in der Höhe eines nach A 12 besoldeten Beamten erhalten.
Der Beklagte wollte das Grundstück jedoch verwerten und traf mit der Klägerin eine mündliche Vereinbarung über eine sofort zu zahlende Abfindung von 450.000 DM und eine weitere Abfindung bei Verkauf des Grundstücks in Höhe von 225.000 DM. Das Gehalt sollte ihr unter Anrechnung ihrer Rente weiter gezahlt werden.
Die Klägerin erhielt die 450.000 DM Abfindung und zunächst auch die monatlichen Beträge ausgezahlt. Weitere Zahlungen verweigerte der Beklagte mit der Begründung, dass der Nachlass überschuldet sei.
Entscheidung
Der Beklagte vermag sich nicht mit Erfolg auf die Einrede der beschränkten Erbenhaftung zu berufen. Die Parteien haben unter Abweichung von den testamentarischen Regelungen eine neue unstreitige Vereinbarung zur Zahlung getroffen, wobei die Klägerin auf einen Teil ihrer eingeräumten Rechte verzichtet hat.
Für den Fall der Überschuldung des Nachlasses ist jedoch keine Regelung getroffen worden, so dass eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen ist. Über die Höhe der Zahlungen besteht Einigkeit. Für die Aufgabe des Wohnrechts, das der Klägerin eine lebenslange Sicherheit geben sollte, durfte sie ein Äquivalent fordern, das ihr eine ähnliche Sicherheit bieten konnte. Daher war eine Verlässlichkeit der Zahlungen vonnöten, die nur gewährleistet war, wenn der Beklagte auf die Einrede der beschränkten Erbenhaftung verzichtete bzw. eine von dem Vermächtnis unabhängige Zahlungsverpflichtung übernahm. Er konnte daher nicht zunächst die Räumung beanspruchen und im Anschluss die Leistung mit der Begründung verweigern, dass der Nachlass nichts mehr hergebe. Die Dürftigkeitseinrede war ihm daher verwehrt.
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 31.01.2005, 12 U 87/05