Entscheidungsstichwort (Thema)
lebenslanges Wohnrecht als Vermächtnis. Zahlung einer monatlichen Geldrente als Vermächtnis. Dürftigkeitseinrede. Abfindung
Leitsatz (amtlich)
Einem Erben ist die Dürftigkeitseinrede versagt, wenn er zusagt, an Stelle eines testamentarisch vermachten Wohnrechts eine Kapitalbetragsabfindung sowie eine näher konkretisierte Rente zu erbringen und keinen Vorbehalt hinsichtlich der Leistungsfähigkeit erklärt.
Normenkette
BGB § 1990
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 15.09.2005; Aktenzeichen 9 O 530/05) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 15.9.2005 verkündete Urteil des LG Oldenburg wird zurückgewiesen.
Zur Klarstellung wird der Tenor jedoch wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.273,25 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.2.2005 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin ab dem 1.3.2005 monatlich - jeweils am 1. eines Monats - 1.757,75 EUR zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zu 3/13 und dem Beklagten zu 10/13 zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Der Beklagte ist Adoptivsohn und Erbe der am ... 1999 verstorbenen S. Die Klägerin war für die Erblasserin seit Mitte der 60-er Jahre als Haushälterin tätig. Ab 1967 hat sie die Erblasserin gepflegt.
In ihrem notariellen Testament vom ...1989 hat die Erblasserin, die über umfangreiches Grund- und Barvermögen verfügte, mehrere Vermächtnisse ausgesetzt. Besonderen Wert legte sie dabei auf den Tierschutz und die Versorgung der von ihr gehaltenen Tiere. In § 2 vermachte sie einer von ihr ins Leben gerufenen Stiftung (S.-Stiftung für Natur-, Umwelt und Tierschutz) 1.500.000 DM. Ferner erhielt die Stiftung den Nießbrauch an ihrem Grundbesitz in D.
Zugunsten der Klägerin heißt es in § 7 des Testaments u.a.:
"... 1. Auf dem Anwesen in D. steht Frau T. eine abgeschlossene Wohnung in angemessener Größe und Ausstattung auf Lebenszeit zur Verfügung.
2. ...
3. Ferner erhält Frau T. aus dem Nachlass auf Lebenszeit eine monatliche Geldzahlung in Art und Höhe des jeweiligen Grundgehalts eines nach A 12 besoldeten Bundesbeamten in der Endstufe. Solange sie es übernimmt, die von Frau S. hinterlassenen Tiere im Rahmen des § 6 zu betreuen und zu versorgen, erfolgt volle Auszahlung. Anschließend ist von da ab die Rentenzahlung aus der Sozialversicherung anzurechnen. ..."
Nach dem Tod der Erblasserin kam es zu einer Auseinandersetzung über die Ausübung des Wohnrechts. Der Beklagte wollte das Anwesen in D. verwerten. Ihm war daher an einer Räumung gelegen. Unter Mitwirkung der beiden Prozessbevollmächtigten trafen die Parteien im Februar 2001 eine mündliche Vereinbarung, die anschließend modifiziert und dann mit anwaltlichen Schreiben bestätigt wurde. Mit dieser Vereinbarung verzichtete die Klägerin auf ihr Wohnrecht. Sie erhielt zur Abfindung einen sofort fälligen Kapitalbetrag von 450.000 DM sowie weitere 225.000 DM, die beim Verkauf des Anwesens der Erblasserin, spätestens aber nach drei Jahren fällig werden sollten. Das Kapital sollte die Klägerin in die Lage versetzen, eine Hofstelle in der Nähe zu erwerben. Die Tiere der Erblasserin sollte die Klägerin mitnehmen und im Sinne der Erblasserin weiterhin versorgen. Die monatliche Rente in Höhe eines Beamtengehalts gemäß A 12 sollte die Klägerin auch weiterhin erhalten, allerdings unter Abzug ihrer eigenen gesetzlichen Rente. Man einigte sich auf einen Zahlbetrag von monatlich 2.954,05 DM, der sich an dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Beamtengehalt sowie der Rente der Klägerin orientierte. Dabei war berücksichtigt worden, dass beim Beamtengehalt eine Änderung eingetreten war, weil der zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung neben dem Grundgehalt gezahlte Ortszuschlag nunmehr Teil des Gehalts geworden war. Hierfür musste ein entsprechender Abzug gemacht werden. Der monatliche Betrag sollte entsprechend den laufenden Veränderungen beim Beamtengehalt und der gesetzlichen Rente angepasst werden.
Die 450.000 DM zahlte der Beklagte sofort. Die monatlichen Beträge flossen bis einschließlich November 2004. Die weiteren Zahlungen verweigerte der Beklagte mit der Begründung, dass der Nachlass überschuldet sei.
Die Klägerin hat den Beklagten im Verfahren 9 O 3040/04 LG Oldenburg/12 U 26/05 OLG Oldenburg erfolgreich auf Zahlung der 225.000 DM in Anspruch genommen. Im vorliegenden Rechtsstreit fordert sie vom Beklagten die Rente.
Das LG hat den Beklagten am 15.9.2005 zur Zahlung rückständiger 6.777,96 EUR sowie eines monatlichen Betrages von 2.259,32 EUR ab dem 1.3.2005 verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er wiederholt seinen Einwand, dass der Nachlass überschuldet sei. Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung müsse schon deswegen ausges...