Leitsatz (amtlich)
›Einem Erben ist die Dürftigkeitseinrede versagt, wenn er zusagt, an Stelle eines testamentarisch vermachten Wohnrechts eine Kapitalbetragsabfindung sowie eine näher konkretisierte Rente zu erbringen und keinen Vorbehalt hinsichtlich der Leistungsfähigkeit erklärt.‹
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Entscheidung vom 15.09.2005; Aktenzeichen 9 O 530/05) |
Gründe
I.
Der Beklagte ist Adoptivsohn und Erbe der am ... 1999 verstorbenen S.... Die Klägerin war für die Erblasserin seit Mitte der 60er Jahre als Haushälterin tätig. Ab 1967 hat sie die Erblasserin gepflegt.
In ihrem notariellen Testament vom ...1989 hat die Erblasserin, die über umfangreiches Grund und Barvermögen verfügte, mehrere Vermächtnisse ausgesetzt. Besonderen Wert legte sie dabei auf den Tierschutz und die Versorgung der von ihr gehaltenen Tiere. In § 2 vermachte sie einer von ihr ins Leben gerufenen Stiftung (S...Stiftung für Natur, Umwelt und Tierschutz) 1.500.000, DM. Ferner erhielt die Stiftung den Nießbrauch an ihrem Grundbesitz in D....
Zugunsten der Klägerin heißt es in § 7 des Testaments u.a.:
"...
1. Auf dem Anwesen in D... steht Frau T... eine abgeschlossene Wohnung in angemessener Größe und Ausstattung auf Lebenszeit zur Verfügung.
2. ...
3... Ferner erhält Frau T... aus dem Nachlass auf Lebenszeit eine monatliche Geldzahlung in Art. und Höhe des jeweiligen Grundgehalts eines nach A 12 besoldeten Bundesbeamten in der Endstufe. Solange sie es übernimmt, die von Frau S... hinterlassenen Tiere im Rahmen des § 6 zu betreuen und zu versorgen, erfolgt volle Auszahlung. Anschließend ist von da ab die Rentenzahlung aus der Sozialversicherung anzurechnen.
..."
Nach dem Tod der Erblasserin kam es zu einer Auseinandersetzung über die Ausübung des Wohnrechts. Der Beklagte wollte das Anwesen in D... verwerten. Ihm war daher an einer Räumung gelegen. Unter Mitwirkung der beiden Prozessbevollmächtigten trafen die Parteien im Februar 2001 eine mündliche Vereinbarung, die anschließend modifiziert und dann mit anwaltlichen Schreiben bestätigt wurde. Mit dieser Vereinbarung verzichtete die Klägerin auf ihr Wohnrecht. Sie erhielt zur Abfindung einen sofort fälligen Kapitalbetrag von 450.000, DM sowie weitere 225.000, DM, die beim Verkauf des Anwesens der Erblasserin, spätestens aber nach drei Jahren fällig werden sollten. Das Kapital sollte die Klägerin in die Lage versetzen, eine Hofstelle in der Nähe zu erwerben. Die Tiere der Erblasserin sollte die Klägerin mitnehmen und im Sinne der Erblasserin weiterhin versorgen. Die monatliche Rente in Höhe eines Beamtengehalts gemäß A 12 sollte die Klägerin auch weiterhin erhalten, allerdings unter Abzug ihrer eigenen gesetzlichen Rente. Man einigte sich auf einen Zahlbetrag von monatlich 2.954,05 DM, der sich an dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Beamtengehalt sowie der Rente der Klägerin orientierte. Dabei war berücksichtigt worden, dass beim Beamtengehalt eine Änderung eingetreten war, weil der zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung neben dem Grundgehalt gezahlte Ortszuschlag nunmehr Teil des Gehalts geworden war. Hierfür musste ein entsprechender Abzug gemacht werden. Der monatliche Betrag sollte entsprechend den laufenden Veränderungen beim Beamtengehalt und der gesetzlichen Rente angepasst werden.
Die 450.000, DM zahlte der Beklagte sofort. Die monatlichen Beträge flossen bis einschließlich November 2004. Die weiteren Zahlungen verweigerte der Beklagte mit der Begründung, dass der Nachlass überschuldet sei.
Die Klägerin hat den Beklagten im Verfahren 9 0 3040/04 Landgericht Oldenburg/12 U 26/05 Oberlandesgericht Oldenburg erfolgreich auf Zahlung der 225.000, DM in Anspruch genommen. Im vorliegenden Rechtsstreit fordert sie vom Beklagten die Rente.
Das Landgericht hat den Beklagten am 15.09.2005 zur Zahlung rückständiger 6.777,96 sowie eines monatlichen Betrages von 2.259,32 ab dem 1.03.2005 verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er wiederholt seinen Einwand, dass der Nachlass überschuldet sei. Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung müsse schon deswegen ausgesprochen werden, weil die Klägerin ihren Anspruch auf das Testament und nicht auf die spätere Vereinbarung stütze. Abgesehen hiervon sei mit dieser Vereinbarung keine neue Verpflichtung begründet worden. Es handle sich nur um eine Umsetzung des Vermächtnisses unter Anpassung an die veränderten Gegebenheiten. Außerdem sei der zuerkannte Betrag zu hoch, weil die neben der Rente gezahlten Versicherungsbeiträge nicht angerechnet worden seien.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 15.09.2005 dahin abzuändern, dass dem Beklagten die Beschränkung seiner Haftung für Hauptanspruch, Nebenforderung und Kosten auf den Nachlass der Erblasserin, der am ....1999 verstorbenen Frau S..., zuletzt wohnhaft W... vorbehalten wird und die Klage insoweit abgewiesen wird, als zu Ziffer 1 des Urteilstenors ein Betrag von mehr als 4.896,24 und zu Ziffer 2 des Urteilstenors ein Betrag von mehr als 1.632,08 monatlich zu...