Leitsatz
Getrennt lebende Eheleute stritten sich um den von dem Ehemann zu zahlenden Trennungsunterhalt. Sie waren 28 Jahre verheiratet. Zum Zeitpunkt der Trennung war die Ehefrau bereits 62 Jahre alt. Im Jahre 2004 hatte sie ihre damalige Tätigkeit für ein Bekleidungshaus gegen den Willen des Ehemannes gekündigt. Erstinstanzlich war dem Antrag der Klägerin nur teilweise stattgegeben worden. Beide Parteien legten gegen das Urteil des AG Berufung ein. Lediglich das Rechtsmittel der Ehefrau hatte Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG stand der Klägerin ein gegenüber der angefochtenen Entscheidung erhöhter Unterhalt zu, weil bei der Bedarfsbemessung nach § 1361 Abs. 1 BGB zu ihren Gunsten von einem höheren Einkommen des Beklagten und einem niedrigeren eigenen Einkommen auszugehen sei.
Aufseiten des Beklagten legte das OLG ein Einkommen von mindestens 3.024,26 EUR zugrunde, aufseiten der Klägerin solches i.H.v. 372,51 EUR monatlich. Von der Differenz hieraus i.H.v. 2.691,75 EUR könne die Klägerin 50 % als Unterhalt beanspruchen. Dieser Betrag überschreite den von ihr gestellten Antrag.
Die Einkünfte aufseiten der Klägerin i.H.v. 372,51 EUR monatlich resultierten aus einem nach Auffassung des OLG mit 350,00 EUR monatlich zu veranschlagenden Wohnwert des von ihr bewohnten Familienheims und Zinseinnahmen i.H.v. monatlich 22,51 EUR. Sie sei derzeit - auch nach Ablauf des Trennungsjahres - nicht in der Lage, den in dem Haus liegenden höheren Wohnwert zu realisieren, da sie das Haus als Miteigentümerin alleine nicht verwerten oder vermieten könne und der Beklagte ihr bislang kein Angebot zur Übernahme ihrer Eigentumshälfte gemacht habe, das nicht an weitere Bedingungen geknüpft gewesen wäre, deren Annahme der Klägerin nicht angesonnen werden könne. Da sie auch nicht ausreichend Unterhalt erhalte, sei sie nicht in der Lage, sich eine Wohnung anzumieten und das Haus zur Vermietung an Dritte freizugeben.
Fiktive Einnahmen sei der Klägerin nicht zuzurechnen. Insoweit teilte das OLG die Auffassung des AG, dass der zum Zeitpunkt der Trennung bereits 62 Jahre alten Klägerin eine Erwerbstätigkeit nach 28 Ehejahren weder zumutbar noch möglich sei. Nach den Erfahrungen des Gerichts seien selbst Tätigkeiten auf Gering-Verdienerbasis im Alter der Klägerin nicht mehr zu finden. Ihr sei auch nicht ihr bis zum Jahre 2004 bezogenes Einkommen fiktiv zuzurechnen. Zwar habe sie ihre damalige Tätigkeit für ein Bekleidungshaus gegen den Willen des Beklagten gekündigt. Dies könne aber für die Frage einer Erwerbsobliegenheit in der Trennungszeit nicht von Bedeutung sein, da diese Kündigung immerhin fast zwei Jahre vor der Trennung erfolgt sei. Im Übrigen habe die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass sie sich aus seelischen und gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gesehen habe, die Tätigkeit fortzusetzen, da sie massiv unter den Eheproblemen mit ihrem Mann gelitten habe. Ein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten liege damit in der Aufgabe des Arbeitsplatzes nicht vor.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 11.09.2007, 7 UF 26/07