Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG
Kommentar
Technische Experimente an der Heizzentrale durch einen Verwalter (der als Ingenieur für Mess- und Regelungstechnik über technische Fachkenntnisse verfügte) widersprechen ordnungsgemäßer Verwaltung und dürfen daher nicht durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümer gestattet werden.
Eine Gemeinschaft hatte beschlossen, dass ein Wohnungseigentümer / Verwalter durch steuerungstechnische Maßnahmen versuchen solle zu erreichen, dass in der Heizanlage eine Vorlauftemperatur von 30° C nicht unterschritten werde, auch wenn die witterungsgeführte Regelung niedrigere Werte einregeln würde. Grund für den Beschluss war die Befürchtung, dass der Heizkessel in der Übergangszeit korrosionsgefährdet sei, wenn die witterungsbedingte Regelung niedrigere Werte als 30° C für die Vorlauftemperatur einregele.
Das Kammergericht Berlin entschied in der Sache selbst ohne weitere Aufklärung in Richtung der Ungültigkeit dieses Beschlusses als Verstoß gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung und kam zu dem Ergebnis, dass im Rahmen des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG eine Heizungsanlage als gemeinschaftliches Eigentum allein von anerkannten Fachfirmen zu warten und im Störungsfalle unverzüglich zu reparieren sei. Experimente einzelner Eigentümer an dieser wichtigen Versorgungsanlage seien nicht erlaubt und es müsse im vorliegenden Fall nicht einmal auf die Frage evtl. zustimmungsbedürftiger baulicher Veränderungen oder möglicherweise mit Mehrheit beschließbarer Modernisierungsmaßnahmen (Kosten-Nutzen-Verhältnis) abgestellt werden.
Auch das Argument der Materialschonung führe nicht zum Zwang der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens; technische Änderungen einer Heizungsanlage seien nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nur durch anerkannte Heizungsfachfirmen zulässig.
Im vorliegenden Fall erscheine die beabsichtigte technische Änderung noch nicht erprobt zu sein; weiterhin erscheine es nicht ausgeschlossen, dass der Einbau von Zusatzgeräten unbeabsichtigte Nebenwirkungen zeige; es könnten Störungen der Heizversorgung eintreten (mit zusätzlichen Reparaturkosten). Abgesehen von einem Ausfall der Heizanlage sei somit auch das Entstehen weiterer vermeidbarer Kosten denkbar; auch die Frage eines ggf. erhöhten Energieverbrauchs sei zu berücksichtigen; es bedürfte der genauen Abwägung möglicher zusätzlicher Energiekosten und wahrscheinlicher Ersparnisse durch Herabsetzung der Korrosionsgefahr für die Heizanlage. Überstimmten Wohnungseigentümern sei es nicht zumutbar, derartige Experimente an der Heizanlage dulden zu müssen, ohne dass eindeutig der Nutzen feststehe. Der richtige Weg sei allein die Beauftragung einer Heizungsfachfirma, die in der Lage sei, auch die Nebenwirkungen einer solchen Neuerung abzuschätzen und zu berücksichtigen (mit Gewährleistung für die Brauchbarkeit derartiger Regelungsinstrumente).
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 17.11.1986, 24 W 5517/86= WM 3/87, 99)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Dieser Entscheidung kann ich im Ergebnis nicht zustimmen, da sie nicht frei von Widersprüchen ist.
Beschließt eine Mehrheit der Eigentümer aus sicher technisch nicht abwegigen Gründen bewusst eine bestimmte, wenn auch versuchsweise Maßnahme zur Vermeidung möglicher Korrosionsgefahren an der Heizzentrale und beauftragt sie hier immerhin einen Ingenieur für Mess- und Regelungstechnik mit entsprechenden Fachkenntnissen, so hätte das Gericht allenfalls die Frage möglicher baulicher Veränderungen in Abgrenzung modernisierender Instandsetzungen entscheiden müssen, und zwar u. U. auf der Basis eines einzuholenden Sachverständigengutachtens (über Zurückverweisung der Sache an die Tatsacheninstanz).
Mögliche technische Neuerungen an gemeinschaftlichen Einrichtungen werden erheblich blockiert, wenn hier Maßnahmen nur durch anerkannte Heizungsfachfirmen zulässig sein sollten. Die autonome "Risiko-Entscheidung" der Eigentümermehrheit durfte das Gericht m. E. nicht eigenmächtig zerstören, zumal das Gericht - wohl aus eigenen, nicht belegten technischen Erwägungen heraus - in den Konjunktiv verfiel und von "scheinbarer Nichterprobung", von "möglichen Nebenwirkungen" und "denkbaren Störungen" sowie "möglicherweise vermeidbaren Kosten" sprach. Gerade zum Zwecke einer genauen Abwägung möglicher zusätzlicher und wahrscheinlicher Energiekosten und Ersparnisse durch Herabsetzung einer Korrosionsgefahr, also zur Ermittlung einer Kosten-Nutzen-Analyse, hätte das Gericht allenfalls die Vorinstanz anhalten müssen, im Rahmen der Amtsermittlung ein Sachverständigen-Gutachten einzuholen.
Dass stets technische Neuerungen nur durch Heizungsfachfirmen durchzuführen seien, ist m. E. nicht ohne weiteres dem allgemeinen gesetzlichen Grundsatz einer ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung zu entnehmen.