Leitsatz
Die Eltern von zwei minderjährigen Kindern stritten bereits seit mehreren Jahren in einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren über Umgangs- und Sorgerechtsfragen. Beide Kinder lebten im Haushalt der Mutter, der Vater erstrebte einen Wechsel des Aufenthalts zu ihm. Beide Eltern begehrten jeweils die Alleinsorge für sich. Nach Einholung von zwei Sachverständigengutachten hat das FamG das Sorgerecht auf die Mutter übertragen. Die hiergegen von dem Vater eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat ebenso wie das FamG die Auffassung, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf die Mutter dem Wohl der Kinder am besten entspreche.
Bei mangelnder Konsens- und Kooperationsbereitschaft der Eltern sei zu prüfen, welche Auswirkungen die fehlende Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben werde (vgl. BGH FamRZ 1999, 1646; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 111; OLGReport Köln 2006, 853-855).
Führe diese heillose Zerstrittenheit der Eltern dazu, dass sie nicht mehr in der Lage seien, zum Wohle des Kindes zu handeln, scheide ein gemeinsames Sorgerecht aus. Es müsse also erkennbar sein, dass sich das schlechte Verhältnis zwischen den Eltern negativ auf das Kindeswohl auswirke und zu befürchten sei, dass sich zukünftig negative Auswirkungen ergeben könnten.
Diese Voraussetzungen hielt das OLG Köln für gegeben. Die erforderliche Kommunikationsfähigkeit der Eltern sowie deren objektive und subjektive Kooperationsbereitschaft in den die Kinder betreffenden Grundfragen seien nicht erkennbar. Es werde nicht verkannt, dass auch emotionsreich geführte Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern eine solche Kooperationsbereitschaft nicht ohne weiteres ausschlössen. Andererseits könne den Kindern nicht zugemutet werden, ständig emotionsgeladene Streitigkeiten zwischen den Eltern miterleben zu müssen. Könnten die Eltern ihre Auseinandersetzungen nicht zivilisiert und die Kinder nicht belastend austragen, müsse dies zu einem Alleinsorgerecht führen (vgl. Oelkers, Die Entwicklung des Sorgerechts bis 2001, Teil 2, FuR 2002, S. 168, 170 II, 2.a (bb) m.w.N.; OLGReport Köln 2007, 115).
Die Fähigkeit zum kooperativen Verhalten äußere sich darin, dass die Eltern in der Lage seien, persönliche Interessen und Differenzen zum Wohle des Kindes zurückzustellen. Eine Kooperationsbereitschaft sei so lange gegeben, wie zwischen den Eltern in allen Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind Einigkeit bestehe bzw. mit Hilfe Dritter - ohne Gerichtsverfahren - hergestellt werden könne. Lasse sich eine Kooperationsfähigkeit in diesem Umfang nicht feststellen, sei die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben. Eine Aufhebung der gemeinsamen Sorge zum Wohle des Kindes sei auch dann geboten, wenn Eltern nach der Trennung nur noch über ihre Anwälte verkehrten und z.B. ständig Streitereien über die Ausübung des Umgangsrechts entständen.
Dies sei hier der Fall. Selbst wenn beide Elternteile gleich erziehungsgeeignet sein sollten, sei die Sorgerechtsentscheidung zugunsten der Mutter unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls gerechtfertigt. Der Vater habe massiv versucht, den Sohn gegen die Mutter zu beeinflussen und ihn "abzuwerben". Dies habe den Sohn in einen starken emotionalen Konflikt gestürzt und das Bindungsbedürfnis zu seiner Mutter beeinträchtigt. Die ausweichende Haltung des Kindes in seiner persönlichen Anhörung sei deutliches Signal einer Überforderung und Belastung. Da es bei dieser Sachlage nicht bei der gemeinsamen Sorge verbleiben könne, sei die alleinige Sorge auf die Mutter zu übertragen.
Hinweis
Bei jeder Sorgerechtsentscheidung ist vorrangiger Maßstab das Kindeswohl. Unter diesem Aspekt ist die Erziehungskompetenz der Eltern zu überprüfen und die unter den gegebenen Umständen bestmögliche Sorgerechtsentscheidung zu treffen. Eine solche Entscheidung kann sowohl in dem Beibehalt der gemeinsamen elterlichen Sorge als auch in der Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil bestehen.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 13.12.2007, 4 UF 93/07