Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG, § 134 BGB
Kommentar
Die dem Verwalter eines Mietshauses von dem Eigentümer im Hausverwaltervertrag erteilte Vollmacht, Mietzins und Nebenkosten im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, enthält keine wirksame Prozessführungsbefugnis.
Eine solche Ermächtigung ist bereits deshalb unzureichend, weil sie sich nicht auf die Geltendmachung eines bestimmten Anspruchs des Vermieters sowie die Führung eines bestimmten Prozesses bezieht, sondern hier dem Verwalter eine Generalermächtigung erteilt wurde; eine solche Generalermächtigung zur Geltendmachung von Mieten und Nebenkostenansprüchen der Vermieter ist nach § 134 BGB nichtig, weil die Regelung im Hausverwaltervertrag und die Hausverwaltervollmacht gegen Art. 1, § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) verstößt. Danach ist die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erlaubnispflichtig. Nach Art. 1 § 1 Nr. 4 RBerG ist insbesondere die Einbeziehung von Forderungen durch Inkassounternehmen auf den außergerichtlichen Bereich beschränkt. Dem steht auch nicht die Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht entgegen, wonach Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft den Verwalter ermächtigen können, bestimmte Ansprüche aus dem Gemeinschaftseigentum im eigenen Namen für die Eigentümer geltend zu machen; dort sei dem Verwalter jedoch jeweils eine Einzelermächtigung durch Beschluss der Eigentümer zur Geltendmachung einer bestimmten Forderung und zur Führung eines bestimmten Rechtsstreits erteilt (anders als hier im Fall der erteilten Generalermächtigung).
Darüber hinaus fehle hier für die gewillkürte Prozessstandschaft das erforderliche Interesse des Verwalters als Kläger, die Forderung der Vermieter in eigenem Namen geltend zu machen. Insoweit genüge nicht ein wirtschaftliches Interesse des Klägers an der Einziehung der Forderung, sondern er müsse darüber hinaus ein rechtliches Interesse an der Geltendmachung der Forderung im eigenen Namen haben. Dies werde beispielsweise dann bejaht, wenn von der Durchsetzung der im Wege der Prozessstandschaft geltend gemachten Forderung eigene Rechte des Prozessstandschafters abhängig seien. Würde man bei Geschäftsbesorgungsverträgen der vorliegenden Art stets die Möglichkeit einer Prozessstandschaft bejahen, so könnte in einer Vielzahl von Fällen die Prozessführungsbefugnis von der materiellen Rechtsinhaberschaft getrennt werden; die gewillkürte Prozessstandschaft sollte jedoch auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben.
Link zur Entscheidung
( LG Kassel, Urteil vom 06.12.1990, 1 S 432/90= NJW-RR 1991, 529)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Die Fragen der Prozessstandschaft und auch Postulationsfähigkeit von Sondereigentumsverwaltern (Mietverwaltern) und auch Wohnungseigentumsverwaltern ist derzeit heftig umstritten, insbesondere unter Hinweis auf das Rechtsberatungsgesetz (vgl. hier die bereits vielfach kritisierte Entscheidung des KG Berlin, Entscheidung v. 19. 12. 1990, Az.: 24 W 5932/90zur Verfahrensführung von WE-Verwaltern beim Wohngeldinkasso. Das BayObLG v. 8. 5. 1991 (2 Z 33/91) hat bereits zum WEG-Verwalter entgegen der Auffassung des KG Berlin entschieden und keinen Verstoß gegen das RBerG gesehen (vgl. BayObLG, Entscheidung v. 8. 5. 1991, Az.: 2 Z 33/91). [Der BGH hat sich zum Wohnungseigentumsrecht nachfolgend der Meinung des BayObLG angeschlossen.]
Die Problematik beim Mietverwalter (ebenfalls Verwaltergeschäftsbesorgungsvertrag) ist ähnlich; das LG Kassel vertritt hier offensichtlich die gleiche Meinung wie das KG Berlin zum Wohnungseigentumsverwalter. Unrichtig ist allerdings in den Gründen der Entscheidung des LG Kassel der Hinweis, dass es sich beim WEG-Verwalter jeweils um Einzelermächtigungen durch Beschluss und die Geltendmachung bestimmter Forderungen sowie die Führung bestimmter Rechtsstreite handle. Gerade im Wohnungseigentumsrecht wird in diesen Fällen regelmäßig in einer Gemeinschaftsordnungsvereinbarung oder in einem Verwaltervertrag - zulässigerweise - eine "Generalermächtigung" zum Wohngeldinkasso erteilt, um hier eben nicht stets Einzelermächtigungsbeschlüsse gem. § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG fassen zu müssen. Auch ist die Prozessstandschaft des WEG-Verwalters im Wohnungseigentumsrecht absolut unstreitig, was das wirtschaftliche und auch das rechtliche Interesse eines solchen Verwalters als Prozessstandschafter betrifft. Nichts anderes kann m. E. auch im Fall eines Mietverwalters gelten. Das LG hätte hier die Prozessführungsbefugnis des Mietverwalters nicht ablehnen und wohl auch keinen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz annehmen dürfen (letzteres allerdings derzeit umstritten).