Leitsatz
Die Übertragung der Erhaltungslast gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen in einem Einkaufszentrum ist nur wirksam, wenn sie in einem genau bestimmten und zumutbaren Rahmen erfolgt. Unter dem Gesichtspunkt mangelnder Klarheit und Verständlichkeit und massiver Abweichung vom gesetzlichen Leitbild hat der BGH folgende Klausel zur Übertragung der Erhaltungslast gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen auf die Mieter für zu weitgehend und unbestimmt und damit für unzulässig erklärt:
Sachverhalt
Sämtliche Nebenkosten des Einkaufszentrums, insbesondere die Kosten des Betriebs, der Instandhaltung und der Gemeinschaftsanlagen einschließlich der Verkehrsflächen, werden unbeschadet notwendiger Sonderregelungen von allen Mietern anteilig laut Mietvertrag in Anspruch genommener Bruttomietfläche im Verhältnis zur gewerblichen Bruttomietfläche insgesamt getragen. Die Nebenkosten werden in ihrer tatsächlichen, nachgewiesenen Höhe ohne Beschränkung auf die gemäß § 27 II. BV aufgeführten Kosten umgelegt, soweit sie nicht direkt abgerechnet werden. Die Nebenkosten für das Einkaufszentrum betreffen insbesondere:
- Klimatisierung …
- Belüftungskosten …
- Kosten des Gases oder elektrischen Stroms …
- Wasser und Kanalgebühren …
- Betriebs-, Wartungs-, Pflege und Instandhaltungskosten für alle allgemeinen Einrichtungen des Einkaufszentrums …
- Anteilige Betriebskosten von Aufzügen, Rolltreppen und Sprinkleranlagen …
- Kosten für das Gesamtobjekt notwendigen und/oder üblichen Versicherungen …
- Sonstige Kosten gem. § 27 II. BV …
Hier ging der BGH davon aus, dass der Einleitungssatz – "sämtliche Nebenkosten des Einkaufszentrum etc." – die Gewerberaummieter mangels Klarheit und Verständlichkeit gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unangemessen benachteiligt, soweit ihnen anteilig die Erhaltungslast für das gesamte Einkaufszentrum auferlegt wird.
Nach § 535 BGB muss der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Zwar kann die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung bei der Gewerberaummiete formularmäßig auf den Mieter übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind. Die noch zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild ist jedoch überschritten, wenn den Mietern die Erhaltungslast von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird.
Dadurch werden dem Mieter auch Kosten übertragen, die durch seinen Mitgebrauch nicht veranlasst sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen. Ihm werden dadurch, dass er die gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen in dem bei Mietbeginn bestehenden, i.d. R. gebrauchten Zustand vorfindet, die Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel bzw. vorhandener Abnutzungen durch Reparatur oder Erneuerung überbürdet, deren Höhe für ihn nicht überschaubar ist. Dabei werden ihm außerdem Kosten für Schäden auferlegt, die von Dritten verursacht worden sind. Da er für deren Handeln keine Verantwortung trägt und es auch kaum beeinflussen kann, können die Kosten nicht auf ihn übertragen werden. Eine solche massive Abweichung vom gesetzlichen Leitbild würde den Gewerberaummieter unangemessen benachteiligen und ist deshalb unwirksam.
Hinweis
Die Übertragung der Erhaltungslast gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen wäre allenfalls wirksam, wenn sie in einem bestimmten, zumutbaren Rahmen erfolgt. Dies könnte nach der Rechtsprechung durch eine Kostenbegrenzung auf einen festen Prozentsatz der Jahresmiete geschehen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 6.4.2005, XII ZR 158/01.