Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Von solchen Maßnahmen muss der Verwalter den Sondereigentümer nicht unterrichten, wenn dessen Mieter Kenntnis von dem Schadensfall hat (!)
Normenkette
§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG, § 675 BGB
Kommentar
1. In einer Wohnung wurde ein Entlüftungsventil für die Hauptwasserleitung, durch die mehrere Wohnungen versorgt werden, undicht; es trat Leitungswasser aus und durchnässte die Wohnung sowie Wände und Decken im Hausflur. Der Verwalter ließ noch am Tage der Verständigung über die Wasserschäden das Entlüftungsventil reparieren und das ausgelaufene Wasser in der Wohnung der antragstellenden Eigentümerin aufwischen. Einige Tage später trat Schimmelpilz an den Küchenwänden auf. Über weiteren Auftrag der Verwaltung wurde die Wohnung von einem gewerblichen Trockendienst ausgetrocknet, der Schimmelpilz entfernt und eine neue Tapete angebracht. Die Schäden im und am Sondereigentum wurden von der Versicherung der Wohnungseigentümer ausgeglichen.
Die vermietende Antragstellerin ist der Auffassung, dass der Schimmelpilz nicht endgültig beseitigt worden sei und in Kürze wieder auftrete; die dadurch entstandene Wertminderung ihrer Wohnung betrage mindestens DM 30.000,-. Die Verwaltung habe ihr gegenüber Nebenpflichten aus dem Verwaltervertrag verletzt, weil sie nicht während des Urlaubs ihrer Mietpartei vom Schadensvorfall benachrichtigt worden sei; dazu sei die Verwaltung verpflichtet gewesen, weil die Mietpartei erkennbar urlaubsbedingt abwesend gewesen sei.
In allen Instanzen wurde die Forderung der Antragstellerin gegen die Verwaltung auf Zahlung von DM 30.000,- zurückgewiesen.
2. Macht ein Eigentümer, wie hier, einen ihm allein zustehenden Schadenersatzanspruch gegen den Verwalter individuell geltend, sind die anderen Eigentümer nicht am Verfahren zu beteiligen (vgl. BGH, NJW 92, 182).
3. Die beantragte Schadenersatzpflicht aus positiver Vertragsverletzung des entgeltlichen Verwalter-Geschäftsbesorgungsvertrags ist mangels schuldhafterPflichtverletzungen des Verwalters zu verneinen. Eine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung (Feststellung, Information, Entscheidungsherbeiführung) besteht nicht in Bezug auf Sondereigentum einzelner Eigentümer; für die Instandsetzung und Instandhaltung seines Sondereigentums hat der einzelne Wohnungseigentümer selbst zu sorgen (BayObLGZ 96, 84, 86).
Hat nun ein Verwalter bei Eintritt eines Schadensereignisses im Sondereigentum Notmaßnahmen ergriffen, haftet er auch nicht wegen eines weiteren Schadens an diesem Sondereigentum (hier: der Schimmelbildung), der sich daraus ergibt, dass von ihm nicht Sofortmaßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Schadens ergriffen wurden.
4. Auch die Nebenpflicht einer Unterrichtung des betreffenden (vermietenden) Eigentümers von einem Schadensfall und getroffenen Notmaßnahmen besteht dann nicht, wenn der Mieter des Eigentümers von dem Schadensfall Kenntnis hat; in einem solchen Fall ist es nämlich Aufgabe des Mieters, den Antragsteller entsprechend zu verständigen; hier sei von der Verwaltung ein Zettel in den Briefkasten des Mieters geworfen worden, der offensichtlich aber vom Mieter an die Eigentümerin nicht weitergeleitet wurde. Die Verwaltung konnte darauf vertrauen, dass die Mietpartei die Antragstellerin vom Schadensvorfall verständigen werde.
5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 30.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 29.03.2000, 2Z BR 6/00)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Selbst bei Notsanierungsmaßnahmen hinsichtlich eines instandsetzungsbedürftigen Gemeinschaftseigentums haften eine Gemeinschaft und auch ein Verwalter grundsätzlich nicht für dadurch eingetretene Folgeschäden im Sondereigentum, soweit nicht von schuldhaftem Fehlverhalten (z.B. Verzug oder positiver Vertragsverletzung) auszugehen ist (h.R.M.); im Wohnungseigentumsrecht gibt es insoweit keine Gefährdungshaftung (im Sinne einer Haftung ohne Schuld). Auch § 14 Nr. 4 WEG (mit einem gesetzlich geregelten, aufopferungsähnlichen Ausgleichsanspruch) ist in diesen Fällen von Folgeschäden oder Schadensweiterungen nicht einschlägig.
Dass der Senat allerdings hier die sicher ohnehin sehr "dürftige" Information über einen solchen doch gravierenden Schadensfall an eine Mietpartei für ausreichend hielt und insoweit keinerlei Verpflichtung der Verwaltung sah, mit der Vermieterin in Kontakt treten zu müssen, überzeugt mich nicht. Auch ein Verwalter kann in solchen und ähnlichen Fällen sicher nicht davon ausgehen, dass ein Mieter unverzüglich seinen Vermieter über einen solchen Schadensfall (selbst bei Schadensfolgen im Sondereigentum) verständigt. Viel näher liegt es m.E., dass der WE- Verwalter allein gegenüber seinem Vertragspartner, also dem vermietenden Miteigentümer, in vertretbarer Weise informationspflichtig ist, sich insoweit jedenfalls nicht durch Zetteleinwurf in einen (Mieter-)Briefkasten exkulpieren kann. Das heißt allerdings im Ergebnis noch lange nicht, das...